To the Moon © Sony Pictures
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Romantische Komödie - "To The Moon"

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Am 20. Juli 1969 um 21:17 Uhr deutscher Zeit landeten die ersten Menschen mit der Apollo 11 auf dem Mond. Oder vielleicht doch nicht? Auch Sie haben sicher schon mal von den Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Mondlandung gehört, denen zufolge das weltweit ausgestrahlte Ereignis in Wirklichkeit nur im Studio inszeniert worden sein soll. Jetzt gibt es eine romantische Komödie, die mit diesem Gedanken spielt: "To the Moon" ist mit Scarlett Johansson, Channing Tatum und Woody Harrelson prominent besetzt.

Zunächst wird der reale Grund ausgelegt, auf dem dann die fiktive Geschichte erblüht: Nachrichtenmeldungen und Schlagzeilen rekapitulieren den Weltraumwettlauf zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten, zwischen Kommunismus und Kapitalismus. Dann Szenenwechsel: von Cape Canaveral nach New York, mitten hinein in den Konferenzraum eines Autoherstellers.

Werbestrategien als Trickbetrug

Auftritt Kelly Jones, die von Scarlett Johansson mit Marilyn Monroe-Appeal verkörpert wird, mit blonder Kurzhaar-Lockenfrisur und körperbetonten Kleidern und Kostümen. So stürmt sie mit dickem Babybauch rein und überzeugt die PS-orientierten Manager davon, dass sie ihre Rennautos mit Sicherheitsgurten ehefrauenfreundlich und familienkompatibel verkaufen können. Kurz darauf zieht sie sich im Aufzug mit einem Ruck den dicken Gummi-Babybauch unter der Bluse vor, und im eigenen Büro wirft sie den Ehering klirrend in eine Kiste: Kelly betreibt das Werbegeschäft als hochentwickelten Trickbetrug, virtuos spielt sie mit verschiedenen Identitäten, ist immer genau die, die das Gegenüber braucht. Und als einzige Frau in der Männerwelt der Werbung in den Sechzigerjahren weiß sie, dass es nützlich ist, sich ein bisschen verletzlicher und schutzbedürftiger zu geben, als sie ist.

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Und dann steht plötzlich Moe Berkus (Woody Harrelson) vor ihr, ein Abgesandter der Nixon-Regierung. Der hat ein Problem mit der fehlenden Zustimmung der Bürger für das milliardenschwere Weltraumprogramm, während zugleich der Vietnamkrieg finanziert werden muss: "Die NASA braucht einen Marketing-Spezialisten! Sie sind einfach die Beste!"

Kurz darauf sitzt Kelly bereits in der Nähe von Cape Canaveral in einem Diner, in dem sie zum ersten Mal dem von Channing Tatum gespielten Launch-Direktor des Mondflugprogramms begegnet. Zwischen Joe und Kelly knistert es. Nicht nur die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern, auch das Setting in den Sechzigerjahren und die schlagfertigen Dialogfeuerwerke tragen dazu bei, dass man sich immer wieder an klassische Screwball-Komödien erinnert fühlt.

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Lüge? Niemals! Nur eine Veränderung des Denkens!

Zur zweiten Begegnung kommt es an seinem Arbeitsplatz, der sehr zu seiner Überraschung ja nun auch ihrer ist: "Ich arbeite jetzt hier. Wir verkaufen den Mond!", lässt sei ihn wissen.

Doch er hält nichts davon, sein Herzensprojekt "mit einem Liedchen und einem Slogan" zu verkaufen. "Wenn ich fertig bin, werden diese Männer berühmter als die Beatles sein!", kontert Kelly und macht sich an die Arbeit.

Die Astronauten sollen mit Omega-Uhren und Fruit of the Loom-T-Shirts, Zahnpasta und Energiegetränken zu Markenbotschaftern im All werden. Und im Tausch dringt die NASA tief ins Gehirn des gewöhnlichen Menschen ein. Cole ist entsetzt, auf keinen Fall will er sein Raumschiff zur fliegenden Werbetafel machen. Kelly beschwichtigt ihn - das Zeug müsse ja nicht wirklich mitfliegen. Als er sie des Lügens beschuldigt, kontert sie: "Das nennt man verkaufen! Wir belügen die Kunden nicht, wir verändern nur ihre Denkweise."

Nahtlos geht der Flirt über ins flirrende Spiel mit Identitäten, mit Wahrheit und Fälschung - ein Spiel, das freilich auch die Illusionsmaschine des Kinos antreibt.

To the Moon © Sony Pictures
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Werbespot Mondlandung

Immer mehr Fahrt nimmt das Karussell auf, denn Moe erweitert das Spiel um eine weitere Ebene, fügt der Apollo-Mission ein zusätzliches "Projekt Artemis" hinzu: Die Mondlandung sei viel zu wichtig, um sich darauf zu verlassen, dass sie auch wirklich klappt. Tatsächlich gab es vor der ersten bemannten Mondlandung zahllose Fehlstarts, Abbrüche und Explosionen. Also fordert Moe einen strenggeheimen, im Studio gedrehten Backup-Film und macht Kelly zur Produzentin eines aufwendigen Werbespots für die Mondlandung.

Womit wir wieder bei den bis heute kursierenden Verschwörungstheorien wären, denen zufolge die ganze Mondlandung nur makebelief im Fernsehstudio gewesen sein soll.

Eskapistische Fantasie mit modernem Twist

"To the Moon" ist vieles zugleich: ein lustvoll ausgelassenes Spiel mit der Geschichtsschreibung, ein Tanz mit Geschlechterrollen, ein flirrender Flirt mit den Tücken der Wahrnehmung und eine Hommage an die Sechzigerjahre, die liebevoll und detailreich in Mode, Frisuren, Musik und Autos rekonstruiert werden.

"To the Moon, der im Original "Fly me to the Moon" heißt, ist ein rasanter Film, der großen Spaß macht: Eine eskapistische Fantasie, die gleichzeitig ein paar sehr gegenwärtig relevante Gedanken jongliert - über Manipulation in Werbung und Nachrichten, über Geschlechterrollen, über Wahrheit und Fälschung und darüber, dass meistens etwas faul ist, wenn in Amerika etwas zur "Angelegenheit nationaler Sicherheit" erklärt wird. Und manchmal braucht es nur eine kleine schwarze Katze, um die Wahrheit von der Fälschung zu unterscheiden ...

Anke Sterneborg, radio3

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