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Tragikomödie von Pawo Choyning Dorji - "Was will der Lama mit dem Gewehr?"

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"Der Zweck einer Regierung ist es, das Glück ihrer Bürger zu sichern. Und wenn eine Regierung nicht für Glück sorgen kann, hat sie keinen Grund zu existieren." – so heißt es im Rechtskodex des buddhistischen Landes Bhutan von 1729. Die Regierung von Bhutan – das war bis ins Jahr 2008 ein König. Bis dieser entschied, das Land in eine konstitutionelle Monarchie umzuwandeln mit einer demokratisch gewählten Regierung. Um die ersten Wahlen des Landes hoch oben im Himalaya geht es in dem Film "Was will der Lama mit dem Gewehr?" von Pawo Choyning Dorji, der für sein Erstlingswerk "Lunana – Das Glück liegt im Himalaya" für den Oscar nominiert war.

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Der Film spielt zwischen 2005 und 2008, also zwischen der Entscheidung des Königs von Bhutan, die Demokratie einzuführen und den ersten Wahlen im Land. Um die Bevölkerung auf diese Wahlen vorzubereiten, finden Testwahlen mit fiktiven Parteien statt. Aber die Leute in dem Dorf Ura, fernab der Hauptstadt, beginnen sich zu streiten, welche Partei das bessere Ziel für das Land verfolgt, Familien überwerfen sich. Der Lama des Dorfes hat sich seit Jahren zur Meditation zurückgezogen. Als er aber von den Diskussionen hört, ruft er einen Mönch zu sich:

"Tashi, ich brauche ein paar Gewehre. Kannst Du mir ein paar Gewehr besorgen?"

"Ich weiß nicht, Lama. Ich habe noch nie eins gesehen ..."

"Ich brauche zwei Gewehre. Ich benötige sie unbedingt bis zum Vollmond. Die Dinge müssen wieder in Ordnung kommen. Es herrscht großes Chaos.

"Was ist denn, Lama? Unser Land, es verändert sich."

Der Lama hat einen Plan

Die Dinge müssen wieder in Ordnung kommen und natürlich fragen sich die Dorfbewohner, was der Lama damit meint. Für den Mönch Tashi gibt es keine Zweifel an dem Wunsch seines Meisters. Aber die Suche nach Gewehren gestaltet sich nicht ganz einfach in einem Land, in dem die Einfuhr von Waffen verboten ist. Noch weiter erschwert wird sie dadurch, dass ein amerikanischer Waffensammler eine historische Büchse in Bhutan entdeckt hat und diese kaufen will. Es beginnt ein Wettrennen um das vermutlich einzige Gewehr im Land.

In der Hauptrolle: die grandiose Landschaft

In Bhutan gibt es nur eine kleine Filmszene und damit auch nur wenige professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler. Auch das Fernsehen ist vergleichsweise neu in Bhutan. In dem Film sehen wir, wie ein riesiger Fernseher den Berg hoch ins Dorf getragen wird, um den Wahlkampf zu verfolgen. Pawo Choyning Dorji hat sich deshalb auch Laiendarsteller engagiert. Der Hauptdarsteller Thandin Wangchu, der den Mönch Tashi spielt, ist der Leadsänger einer Band in der Hauptstadt Thimphu. Kelsang Choejay ist tatsächlich der Lama von Ura, der seit Jahren im Retreat lebt.

Die eigentliche Hauptdarstellerin dieses Films aber ist die Landschaft: Die schroffen Berge des Himalaya sind zu dieser Zeit mit leuchtend grünem Gras bedeckt und eröffnen mit jeder Kurve des Weges eine neue Perspektive. Das Gebirge vermittelt die ganze Abgeschiedenheit des Landes.

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Auf der Suche nach dem kollektiven Glück

Das Einnehmende an dieser zarten Komödie ist, dass sie in der Intimität des Dorfes bleibt, dass wir – die Zuschauerinnen und Zuschauer – die Außenseiter sind, dass die Wahlen in gewisser Weise als etwas Exotisches betrachtet werden. Einmal sagt der Mönch Tashi:

"Ich nehme an, dabei handelt es sich um eine Lehre des Buddha. Nicht unbedingt. Woher wollen wir dann wissen, ob es überhaupt gut für uns sein wird?"

In Bhutan gibt es einen Index für den Erfolg des Staates: das Bruttonationalglück. Am Ende findet der Lama natürlich eine Lösung, den Frieden wieder herzustellen. "Was will der Lama mit dem Gewehr?" ist ein pfiffiger, selbstbewusster Film von sanftem Humor. Pawo Choyning Dorji wuchs als Diplomatensohn in Indien auf. Er kann zwischen den Welten vermitteln. Liebevoll macht er sich lustig über die Eigenheiten seines kleinen Landes. Immer aber stellt er auch den Einfluss der westlichen Welt in Frage.

In Bhutan hat der Regisseur für sein künstlerisches Werk einen Orden verliehen bekommen mit dem Titel: Herzsohn des Donnerdrachens. "Was will der Lama mit dem Gewehr?" ist tatsächlich ein Herzensfilm geworden.

Simone Reber, radio3

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