Essig © Thomas Platt
Thomas Platt
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Ob dunkel oder hell: auf die Dosierung kommt es an - Aceto Balsamico & Co. - Essig in verschiedenen Varianten

Über Essig denkt man gewöhnlich nicht viel nach. Er gehört sozusagen zu den Grundrechenarten der Küche. Weil er eine Speise rasch verderben kann, achtet man eher auf seine Dosierung als auf die Sorte. Das ist schade, denn gerade dieses uralte Gärprodukt kann eine Menge zu unserer Esskultur beitragen.

Er ist dünn und flink, sein Partner träge und schwer. Er ist aggressiv, der andere um Ausgleich bemüht. Die Rede ist vom Essig, der seinen ständigen, zur Gutmütigkeit neigenden Begleiter, das Pflanzenöl, immer wieder herausfordert. Dennoch weiß man etwa in einer Vinaigrette trotzdem nicht, wer sich hier auf wen stützt.

Essig ist immer unruhig und belebt die Sinne im Nu. Er gelangt in jede Ecke eines Gerichts. An dieser Wirkung ist nicht allein die Säure beteiligt, die in der Regel einen Anteil von 3 bis 6 Prozent ausmacht, jedoch auch in den zweistelligen Bereich gehen kann. Zu diesem spitz-prickelnd und nicht selten auch scharf empfundenen Element treten Extrakte der Früchte und Beeren, aus denen Essig bevorzugt hergestellt wird.

Die drei Grundessige

Zu empfehlen sind drei Grundessige: Wein-, Reis- und Apfelessig, wobei erst die Kombination aus drei Essigen (man kann auch einen davon durch Zitrone oder Limette für die spezifische Südfrische ersetzen) im Salat eine fast magische Wirkung entfaltet.

Italienische und französische Weissweinessige besitzen eine eigentümliche Würze, die einerseits auf den zugrunde liegenden Wein verweist, zum andern auch auf althergebrachte Tradition, die sich in einer Art Fasston bemerkbar macht. Rotweinessig ist bereits eingeschränkter in seiner Einsatzfähigkeit, weil er eine leicht dumpfe Schwere und eine gewisse Bedeutsamkeit mitbringt, die nicht immer willkommen ist.

Apfelessig unterscheidet sich durch seine charakteristische Färbung von den Erzeugnissen aus Trauben, am meisten bei den ungefilterten Bio-Varianten. In Österreich genießt der sogenannte Hesperiden-Essig hohes Ansehen. Er besteht aus Branntweinessig und Weissweinessig, denen durch den Zusatz von Apfelsirup sozusagen die Spitze abgebrochen wird. Den Kartoffelsalaten in vielen Wiener Gasthöfen und Cafés verleiht er die typische Note.

Der auf Reiswein basierte Reisessig ist mild und geschmacklich zurückhaltend. Außer im Salat kommt das eher rund wirkende Elixier traditionell beim Sushi und in Marinaden zum Einsatz. Da ein Schuss zuviel keinen großen Schaden anrichtet, eignet er sich gut zum Säuern von Gemüse und Suppen – und überhaupt zum Nachwürzen. Zusammen mit ein klein wenig natürlich gebrauter Sojasauce (möglichst unterhalb der Grenze bewusster Wahrnehmung) wirkt er Wunder im Salat.

Essig © Thomas Platt
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Mit Aceto Balsamico ins Gebiet der höheren Kulinarik

Mit dem Aceto Balsamico betreten wir das Gebiet höherer Kulinarik - vorausgesetzt, es handelt sich um einen Traditionale di Modena von beträchtlichem Alter. Trotz seiner dunklen Farbe wird er stets aus dem eingedickten Most von Weißweintrauben hergestellt. Wegen seines hohen Preises existieren viele süßen Derivate, angefangen beim lieblichen Condimento (man könnte auch von einer Condimentisierung des Angebots in Supermarkt und Fachhandel sprechen).

Bei der Crèma di Balsamico wird eine konzentrierte Konsistenz nachgeahmt, den ein echter Balsamico erst nach langen Jahren erreicht. Crèma als Ketchup des Genres anzusprechen, ist nicht falsch – nicht nur wegen klirrender Süße, sondern auch wegen der mittlerweile immensen Popularität. Ihr (und anderen als Balsam deklarierten Sorten) fehlt vor allem der überragende Duft eines authentischen Balsamico.

Der schneidend scharfe Branntweinessig ist als Reinigungsmittel bewährt. In der Küche findet er lediglich im Wurstsalat sinnvoll Verwendung. Dort besänftigt er die Schärfe der rohen Zwiebeln und gibt ihnen Schmelz.

Obwohl es sich beim Essig um eines der ältesten Erzeugnisse der Esskultur handelt, besitzen Verjus und Zitrone ältere Rechte. Die Zitrone wird seit Jahrtausenden kultiviert und hat in jüngerer Zeit zahlreiche Varianten hervorgebracht. Der recht milde Verjus wird aus dem Saft grüner Trauben gewonnen und besitzt interessante geschmackliche Noten, darunter frische grüne sowie eine leicht bittere Unreife.

Thomas Platt, radio3

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