Demi Moore in "The Substance" © MUBI
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Sci-Fi-Thriller - "The Substance"

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Die Anti-Aging-Forschung boomt weltweit. Denn der Wunsch, für immer jung zu bleiben, ist fast so alt wie die Menschheit selbst. Genau dieses Thema bildet auch den Kern des neuen Films "The Substance", ein Science-Fiction-Horrorfilm über Schönheitsideale und Altersdiskriminierung. Es ist der zweite Film der Französin Coralie Fargeat, die dafür in Cannes schon mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde. In der Hauptrolle feiert Hollywood-Star Demi Moore ihr Leinwand-Comeback. Ein Film, der dem Titel entsprechend an die Substanz geht.

Die 61-jährige Demi Moore spielt eine Frau mit dem klingenden Namen Elizabeth Sparkle. Als Frontfrau einer erfolgreichen Fitness-Sendung, die an die Aerobic-Kurse von Jane Fonda in den 80er Jahren erinnert, macht sie mit energischem Drive in hautengen Trikots eine ausgesprochen gute Figur. Doch dann deklariert der von Dennis Quaid ausgesprochen schmierig gespielte Programmdirektor Harvey sie zum Auslaufmodell ...

The Substance © Collection Christophel / Universal Pictures / picture alliance/dpa
Bild: Collection Christophel / Universal Pictures / picture alliance/dpa

Demütigung und Diskriminierung

"Die Menschen sehnen sich immer nach etwas Neuem", sagt er, während er unappetitlich schmatzend in Großaufnahme in Mayo getunkte Garnelen verspeist: "Es ist unvermeidlich - und mit 50, naja, hört es auf…"

Elizabeth wiederum hat gar keine andere Wahl als mit versteinerter Miene Fassung zu bewahren. Gerade noch wurde sie euphorisch bejubelt, in der ganzen Stadt hingen überlebensgroße Poster von ihr, im nächsten Moment wird sie fallengelassen wie eine heiße Kartoffel: von einem Produzenten, der einige Jahre älter und deutlich zerknitterter ist als sie.

Pakt mit dem Teufel

In ihrer beißenden Satire nimmt Coralie Fargeat den Schönheits- und Jugendwahn aufs Korn, den ungeheuren Selbstoptimierungsdruck, dem Frauen generell und in besonderer Weise in Fernsehen und Kino ausgesetzt sind. Abhilfe verspricht die titelgebende "Substanz": "Hast du jemals von einer besseren Version von dir geträumt - jünger, schöner, perfekter?", fragt eine sonore Männerstimme im Werbespot. "Eine einzige Injektion entschlüsselt deine DNA, die eine andere Version von dir hervorbringt, ein perfektes Gleichgewicht von jeweils sieben Tagen. Nur eins darfst du nicht vergessen: ihr seid eins. Du kannst dir selbst nicht entkommen."

Die Verheißung hat ihre Tücken, ist ein Pakt mit dem Teufel, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Schon die Abholung der Injektionen gleicht der heimlichen Übergabe sensibler Informationen unter Geheimagenten. Durch einen nur halbgeöffneten Rolladen gelangt Elizabeth in einen Tresorraum, in dem sie einem Schließfach eine Pralinenschachtel voller Injektionen entnimmt: Sobald sie injiziert sind, beginnt eine Metamorphose, in der aus ihrem Körper wie aus einem Kokon eine jüngere Version von ihr (Margaret Qualley) geboren wird.

Inspiriert von Oscar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray" wird auch hier das Altern auf einen Stellvertreter verlagert. Die frisch geschlüpfte Sue zieht in die Welt hinaus, während die leblose Hülle von Elizabeth sieben Tage lang auf dem weiß gefliesten Boden des Bades zurückbleibt.

Fatal ist, dass sich Sue mit dem Übermut der Jugend bald über die Regeln des Paktes hinwegsetzt ...

The Substance © MUBI / picture alliance/dpa
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Frauenfeindliche Distopie

Der leblose Körper mit der monströsen Naht auf dem Rücken erinnert an den Body Horror in den Filmen von David Cronenberg. In der Welt des Films herrscht eine unheimliche Stimmung, alles wirkt steril - durch den extremen Luxus der Inneneinrichtungen, aber auch durch die unheimlich klinische Atmosphäre der Schauplätze. Die Flure sind immer ein bisschen zu lang, die Räume immer ein bisschen zu groß, das Badezimmer, in dem sich Elizabeth die Injektionen verabreicht, ist ein riesiger, weiß gefliester Raum, der an eine Leichenhalle erinnert. Dazu kommen noch die bedrohlichen Klänge des Soundtracks von Raffertie, die die Atmosphäre einer menschen- bzw. frauenfeindlichen Distopie verbreiten.

Explosive Wut und originelle Erfinderlust

Infolge des Weinstein-Skandals und der daraus entstandenen #MeToo-Debatte werden auch im Kino immer mehr Geschichten über Frauen erzählt, die sich gegen die jahrhundertealten Machtverhältnisse auflehnen. Coralie Fargeat gehört mit Julia Ducournau ("Titane") oder Lola Quivoron ("Rodeo") zu einer Riege französischer Regisseurinnen, die derzeit wild und angriffslustig an den Konventionen rütteln, junge Frauen, die mit viel explosiver Wut und ungeheurer Erfinderlust ans Werk gehen.

Schon in Coralie Fargeats Spielfilmdebüt "Revenge" haben die Frauen die Jagdsaison auf die Männer eröffnet, "The Substance" ist eine böse, originelle und vor Ideen nur so strotzende Satire, in der der Schönheitswahn bizarre Blüten treibt und am Ende eine Menge Kunstblut fließt.

Anke Sterneborg, radio3

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