"Reflet dans un diamant mort" ("Reflection in a Dead Diamond") von Hélène Cattet u. Bruno Forzani © Cattet-Forzani
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Berlinale | Wettbewerb - "Reflet dans un diamant mort"

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Ein Agent im Ruhestand, eine verschwundene Frau und ein Wiedersehen mit diversen Superschurk(inn)en: Aus Versatzstücken des Genre-Kinos basteln Hélène Cattet und Bruno Forzani eine visuelle Dauerschleife, die an Spionage-Filme der 60er und 70er Jahre erinnert. Doch was anfangs noch fasziniert, beginnt irgendwann zu langweilen.

John Dilman (Fabio Testi) ist ein ehemaliger Geheimagent, der in einem Hotel an der Côte d’Azur seinen Ruhestand genießt. Auch wenn er noch immer eine Waffe im Schulterholster mit sich führt, vergehen seine Tage doch mittlerweile eher gemächlich. Ein paar Drinks am Nachmittag, sehnsüchtige Blicke auf die unbekannte Schönheit aus dem Nachbarzimmer, die am Strand in der Sonne badet – und der vergebliche Versuch, dem Rezeptionisten aus dem Weg zu gehen, der auf die Bezahlung der Hotelrechnung pocht.

Eine Frau verschwindet

Eines Tages allerdings verschwindet die Frau aus dem Nachbarzimmer spurlos und löst damit bei John eine Welle von Flashbacks aus. Der Top-Spion von einst fühlt sich wieder in seine aktive Zeit zurückversetzt und beginnt der Sache nachzugehen. Bald schon vermischen sich in seinem Kopf Vergangenheit und Gegenwart und all die Schurken und Schurkinnen, die er einst bekämpft hat, kommen zurück, um sich an ihm zu rächen …

Reflection in a Dead Diamond © Cattet-Forzani
Bild: Cattet-Forzani

Ausflug ins Genre-Kino

"Reflet dans un diamant mort" ist ein Ausflug ins Genre-Kino und eine Hommage an die Spionagefilme der 60er und 70er Jahre: Schnelle Autos, schöne Frauen und elegante Villen – im Kopf des Agenten vermischen sich die Versatzstücke seiner Laufbahn zu einer sich immer schneller drehenden Spirale. Dabei gibt es auch ein Wiedersehen mit den Superschurken aus dieser Zeit - mit Charakteren wie Arsenik, Diabolik und Serpentik (Thi Mai Nguyen), eine Frau, die ganz in Leder gekleidet ist und die ihre Identität unter immer neuen Masken verbirgt.

Ein Hauptdarsteller nach Maß

Mit diesem Film knüpft das Regisseurs-Ehepaar Hélène Cattet und Bruno Forzani an Filme wie "Amer" (2009), "L’étrange couleur des larmes de ton corps" (2012) und "Laissez bronzer les cadavres" (2017) an, die ebenfalls mit Versatzstücken aus der Filmgeschichte arbeiten. Dass sie mit Fabio Testi einen Hauptdarsteller gefunden haben, der das Spionage-Kino der 60er und 70er Jahre noch aus eigener Anschauung kennt, macht die Sache umso interessanter.

Visuelle Dauerschleife

Dabei setzen Cattet und Forzani nicht auf eine stringente Handlung, sondern vor allem auf eine ausgeklügelte visuelle Struktur und aufwendige Effekte. Actionszenen, Verfolgungsjagden und zum Teil ziemlich blutige Gewaltorgien drehen sich wie in einer Dauerschleife im Kreis, mit Musik unterlegt und mit optischen Spielereien verfremdet. Das sieht aus wie der Vorspann zu einem alten James Bond-Film, nur dass das Ganze eben nicht nur drei Minuten dauert, sondern anderthalb Stunden.

Gequälter Blick auf die Uhr

Diese Videoclip-Ästhetik, die zu Beginn des Films noch überrascht und streckenweise sogar begeistert, wird mit zunehmender Dauer des Films immer zäher, bis man irgendwann – in Ermangelung eines roten Fadens – anfängt, gequält auf die Uhr zu schauen. Für Liebhaber des Genre-Kinos mag das interessant sein, für den Rest des Publikums eher nicht.

Carsten Beyer, radio3

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