Zum 150. Geburtstag - "Schönberg Handbuch"
In diesem Jahr wurde bzw. wird noch des 150. Geburtstags von Arnold Schönberg gedacht. Etliche Aufführungen seiner Werke hat es in diesem Jahr gegeben – gilt er doch als einer der zentralen Wegbereiter der Moderne, v. a. durch seine "Zwölfton-Methode". Anlass, um auf eine wichtige Veröffentlichung zu blicken: Das "Schönberg Handbuch", das bei Metzler / Bärenreiter erschienen ist.
Seit vielen Jahren gibt es die Reihe der Handbücher, die auf Leben und Werk der Komponisten und teilweise weit darüber hinaus blicken. Der neue Band zu Arnold Schönberg geht diesen Weg weiter: Leben und Werk von den tonalen Anfängen über den Weg zur Zwölftontechnik bis hin zu Schönbergs späten Jahren im amerikanischen Exil. Das nimmt aber nur etwa die Hälfte des Buches ein.
Die andere Hälfte würdigt die Tatsache, dass Schönberg weit mehr war als "nur" Komponist: Er war Theoretiker, Lehrer, hat wichtige Schriften verfasst und gemalt. Und schließlich, nicht weniger wichtig, geht es um seine Wirkung. Stichwort: Wiener Schule, aber auch nach seinem Tod auf die Moderne bis hin zur Rezeption in der Musik der Gegenwart.
Aktuelle Bestandsaufnahme
Eine gute Entscheidung ist es, Schönergs Werke chronologisch zu besprechen – deutlich mehr als sonst ohnehin sind bei ihm Biographie und Schaffen untrennbar miteinander verbunden. Durch die systematischen Teile versteht man, warum Schönberg als eine zentrale Figur seiner Zeit überhaupt erst wahrgenommen werden konnte. Und es geht um Schönberg-Narrative wie etwa die oft beschworene Krise der Harmonik, die Schönberg beendet habe.
Und hier wird mit manchen historischen Fehleinschätzungen aufgeräumt. Dass Schönberg lange als Märtyrer der Moderne gesehen wurde, der sich mit seiner sperrigen Musik wenig Freunde gemacht habe, stimmt so nicht. Schönberg war "kein heroischer Außenseiter, der unbeirrt seinen dornigen Weg gegangen ist. Vielmehr hat er zeitlebens sehr eng und genau auf zeit- und kulturgeschichtliche, politische und publizistische Kontexte reagiert."
Lobbyarbeit vs. Publikumskiller
Das Buch hält in allen seinen Kapiteln wissenschaftlichem Anspruch stand, Gleichermaßen blickt das Buch aber auch auf Persönlichkeit, Zeitgeschichte u. a., so dass es kein rein auf die Musikwissenschaft bezogenes Werk ist, sondern alle Interessierten anspricht, gleichermaßen analytisch wie allgemeinverständlich.
Sicher, Schönberg wird nie ein Klassiker werden wie Brahms oder Bruckner, aber das Schreckgespenst der neuen Musik und der Publikumskiller sind endgültig ad acta gelegt und das neue Schönberg Handbuch ist eine umfassende Darstellung aus aktueller Perspektive, die zahlreiche historische Einschätzungen korrigiert oder wenigstens auf den heutigen Stand der Schönberg-Forschung bringt.
Andreas Göbel, rbbKultur