Rachel Eliza Griffiths: Was ihr uns versprochen habt © Penguin
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Roman - Rachel Eliza Griffiths: "Was ihr uns versprochen habt"

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Rachel Eliza Griffiths ist nicht nur die Ehefrau von Salman Rushdie, der ihr mit seinem autobiografischen Buch "Knife" eine Liebeserklärung gemacht hat. Sondern sie ist selbst erfolgreiche Autorin, Dichterin und Fotografin. Die Lyrik-Bänder der 45-jährigen US-Amerikanerin wurden vielfach ausgezeichnet. Nun ist ihr Debütroman "Was ihr uns versprochen habt" erschienen, weshalb man sie und ihr Schreiben nun erstmals auf Deutsch entdecken kann. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte und zugleich ein Gesellschaftsroman, der ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte nachspürt.

Die beiden Schwarzen Mädchen Ezra und Cinthy Kindred wachsen behütet in Neuengland, im Norden der US-Küste, auf. Hier, in Salt Point, sind sie neben einer weiteren Familie, der Junketts, die einzigen Schwarzen im Ort. Sie fühlen sich geliebt und wohl. Nur kommen sie jetzt in die Pubertät und da beginnen ihre weißen Nachbarn, sie anders zu betrachten, was ihr Leben auf den Kopf stellt.

Vom Schmerz früherer Generationen

Die Geschichte spielt Ende der 50er Jahre, wirkt aber ziemlich gegenwärtig. 1957 nimmt die Bürgerrechtsbewegung in den USA Fahrt auf. Von den Rufen der schwarzen Amerikaner nach Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit erfahren die Mädchen im Radio, hören vom Civil Rights Act und die Stimme Martin Luther Kings. Die Nachrichten und die Anwesenheit der zwei Familien beunruhigte die Dorfbewohner immer mehr. Der Hass bricht auf, und für die Schwarzen damit der Schmerz früherer Generationen.

"Dann erklärten sie uns Kindern, dass die Weißen sich ständig einreden mussten, in Gefahr zu schweben, um ihr eigenes Leben aufzuwerten. Die Bewohner von Salt Point hatten tatsächlich Angst vor der Welt da draußen. Gleichzeitig hielten erwachsene Männer inne, um Ezra, gerade fünfzehn, und mich, dreizehn, in unseren kurzen Hosen zu beäugen. Mr Caesar und mein Vater sorgten dafür, dass unsere Familien bei Anbruch der Dunkelheit zu Hause hinter verschlossenen Türen saßen.“

Cinthy, die jüngere Schwester, ist die Erzählerin des Romans. Griffiths klebt aber nicht an ihrer Perspektive. Hin und wieder erzählt sie auch aus der Sicht von Ruby, einem weißen, vernachlässigten Mädchen. Sie wächst unter prekären Bedingungen bei einem gewalttätigen Vater auf. Zugleich verabscheut man sie für ihr manipulatives Wesen, mit dem sie schlussendlich viel Leid über Ezra und Cinthy bringen wird. Erwachsenwerden bedeutet für die Kinder jeweils etwas anderes. Für Ruby heißt es heiratsfähig zu sein, für Ezra und Cinthy Gefahr. Sie können sich nicht selbstverständlich bewegen.

"Mama würde dafür sorgen, dass ich einfach Cinthy sein konnte, statt in eine Frauenrolle hineinzuwachsen, die so seltsam war, so verwirrend, und für die ich ganz sicher nicht gemacht war."

Mit einfacher Sprache Intensität erzeugen ist eine Kunst

Rachel Eliza Griffiths gelingt es, mit ihrer ambivalenten Figurenzeichnung, dem Ursprung des Rassismus näher zu kommen. Das man nachempfinden kann, was es heißt für etwas verantwortlich gemacht zu werden, wofür man nichts kann. Griffith selbst sieht sich in der literarischen Tradition von James Baldwin und Toni Morrison – was gar nicht mal übertrieben ist. Für einen Debütroman ist "Was ihr uns versprochen habt" außergewöhnlich. Ein Ergebnis, an dem sie auch fast zehn Jahre gearbeitet hat.

Der Text lässt einen vibrieren. Im englischen Original wurde die Sprache als leuchtend und schwebend gelobt. Die Poesie scheint mir in der Übersetzung ein wenig verloren gegangen zu sein, nicht aber die Sinnlichkeit. Das gelingt der Übersetzerin Judith Humburg sehr gut. Griffith schafft es, mit einfacher Sprache Intensität herzustellen. Was eine Kunst ist.

Griffiths erzählt unerschrocken von generationsübergreifendem Schmerz und Brutalität

Im Original heißt das Buch "Promise" - "Versprechen". Hier wird sich nichts direkt versprochen, aber das Motiv schwebt über allem, aber eher als: Versprechung. Die beiden schwarzen Familien sind gewissermaßen dem amerikanischen Aufstiegsversprechen gefolgt, das da heißt: Wenn ihr nur hart genug arbeitet, wenn ihr eure Kinder liebt und beschützt, werdet ihr auch wie die Weißen ein Leben in Würde leben können. Aber das funktioniert nicht, weil der tiefsitzende Rassismus ihnen das verwehrt. Das Leben eines Weißen scheint stets mehr Wert zu sein als das eines Schwarzen.

"Die Welt ist böse. Wenn man das Böse kennt, so richtig kennt, dann ist das echte Weisheit. Wenn ich eine Sache gelernt hatte, dann, dass der Tag des Jüngsten Gerichts den Schwarzen Frauen gehörte, die ihn treu heraufbeschworen, wenn die Welt an ihren Nerven zerrte und ihre Toleranz versiegen ließ."

Griffith thematisiert in ihrem Roman die scheinbar ewige Spirale aus Rassismus, Hass und Gewalt und erzählt unerschrocken von generationsübergreifendem Schmerz und Brutalität. In dem Sinne ist "Was ihr uns versprochen habt" eine tief düstere Erzählung. Doch zugleich erzählt der Roman auch von Liebe und Zusammenhalt und der großen Hoffnung, dass sich die Lebensumstände der Schwarzen bessern.

Spannend wie ein Krimi und herzzerreißend wie ein Drama

Diese Hoffnung flammt aktuell durch die Präsidentschaftskandidatur von Kamala Harris in den USA wieder auf. Und so könnte man den Roman vielleicht auch das Buch der Stunde im Wahlkampf bezeichnen und sorgt in den USA immer noch für Gesprächsstoff. Das könnte auch hier der Fall sein und wäre höchste Zeit. Wenn beispielsweise Schulklassen noch auf der Suche nach Stoff sind, um sich mit Rassismus und Intersektionalität zu beschäftigen – hier ist er. Zugegeben, "Was ihr uns versprochen habt" ist eine harte und intensive Lektüre, aber es ist auch eine Liebeserklärung an "Black Sisterhood", so spannend wie ein Krimi und herzzerreißend wie ein Drama.

Corinne Orlowski, radio3

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