Ursli Pfister: Peggy March, Frau Huggenberger und ich © Fokke
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Bar jeder Vernunft - Ursli Pfister – Peggy March, Frau Huggenberger und ich

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"Mit 17 hat man noch Träume", "I Will Follow You" (reaktiviert in dem Film "Sister Act") sowie "Fly Away Pretty Flamingo": Dass diese drei Peggy-March-Hits in der Pfister-Show "Peggy March, Frau Huggenberger und ich" gerade nicht auftauchen, muss man wohl doch als Fehler werten – ein Paar weitere Hits, darunter "Carnaby Street" und "Memories Of Heidelberg", kommen aber vor.

"Ursli Pfister goes Autofiction", so könnte der Abend überschrieben sein. Als Sechsjähriger lernte der als Christoph Marti geborene Künstler die Schlager von Peggy March kennen, und zwar in der Plattensammlung einer Nachbarin in Bern. Eben jener Frau Huggenberger, von der in den Conferencen – bei offener Verwandlung, also: Perücke auf, Perücke ab – ausführlich berichtet wird.

Ein Leben von sechs bis 16 entrollt sich da. Von der Einschulung über den ersten Stadttheater-Besuch, den ersten Zarah-Leander-Auftritt bis hin zum Schüleraustausch, von welchem treue Pfister-Freunde aus früheren Shows schon wissen. Von geringer Fallhöhe bleibt das. Ungefähr so hoch oder dick wie jene Briefmarken, die in damaligen Kindheiten, auch in dieser Show, eine Hauptrolle spielten.

Die Retro-Orgie gilt den 70ern

Ein Halbdutzend Haar-Ungetüme in allen Farben und Wasserfall-Formen türmt sich vor uns auf. Die Welt toupierter Ponys und Baby-Doll-Perücken. Frisuren-Allergiker seien gewarnt. Dazu zitronengelbe Hängerchen, PanAm-Schiebermützen aus Kunststoff und zwei Hostessen, Katie & Pam, die Ursli wild umtanzen. Die Synchronschwimm-Choreographien von Danny Costello sind ausgefeilt.

Die Retro-Orgie gilt den 70ern. Einer Zeit, wo Vinyl-Schallplatten noch unersetzliche Originale waren, um an Musik heranzukommen. Und wo die Leute noch Schürzen bei der Hausarbeit trugen. (Meine Oma sogar einen weißen Kittel.) Dies sind so kulturgeschichtliche Déjà-vus, deren man hier teilhaftig wird.

Musikalischer Wiedererkennungswert fehlt

Die raffinierten Arrangements von Jo Roloff, hier für Quartett mit zweiter E-Gitarre, lernt man vielleicht nicht vollumfänglich zu schätzen. Von den 21 Titeln der Show nämlich erinnert man sich höchstens an 2 ½. "Du, mach mich nicht an" ist noch leidlich vertraut. "Nur wer die Liebe kennt, kennt die Welt der Zärtlichkeit" auch vom Text her nett und lustig. So richtig campy aber, auf dass sich die Überzeichnung lohnt, war Peggy March eigentlich nicht. Oder?

Liebevolle Hommage an Peggy March, aber ...

Das Problem: Wer die Hits von gestern nicht kennt, wird – so massiv beschallt – auch kein Fan mehr. Keine Frage, dass der Abend liebevoll ist und dass der Drive immer wieder virtuos abgebremst wird. Man hat nichts auszustehen. Und sollte sich damit trösten, dass Pfister-Premieren häufiger nicht ganz hielten, was die Serie dann doch einlöste. Das reift nach. Vielleicht auch hier. Schon die PR-Fotos sahen mir etwas zu sehr nach Beton-Make-up und Photoshop aus. Ein echter Knaller also nicht. Aber er tut immerhin so! Ist auch schon was.

Kai Luehrs-Kaiser, radio3

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