Film - "Gladiator 2"
Fast ein Vierteljahrhundert nach diesem Riesenerfolg legt der inzwischen siebenundachtzigjährige Regisseur Ridley Scott nach: Unsere Filmkritikerin Anke Sterneborg hat "Gladiator 2" schon gesehen.
Wenn man die Filme von Ridley Scott anschaut, könnte man den Eindruck bekommen, er habe sich da jeden nur erdenklichen Jungentraum erfüllt, von den Sciencefiction-Robotern in „Blade Runner“, über das Monster aus dem All in „Alien“, zum Segelabenteuer auf dem weiten Meer in „White Squall“, das mittelalterliche Ritterabenteuer in „Königreich der Himmel“, und zuletzt die napoleonischen Schlachten in „Napoleon“. Dazu gehört auch der völlig unerwartete Ausflug ins damals längst abgeschriebene Genre der Sandalenfilme im Jahr 2000 mit „Gladiator“, mit Zuschauerrekorden und fünffachen Oscarweihen, unter anderem für Ridley Scott und die beiden Darsteller Russell Crowe und Joaquin Phoenix.
Immersive Zeitreise ins alte Rom
Man könnte sich fragen, warum Ridley Scott sich mit fast 87 Jahren noch derart gigantische Schlachtengemälde zumutet. Aber in Interviews hat dieser Feldherr des Kinos immer wieder erzählt, dass das für ihn einfach nur der wunderschönste Spielplatz sei, den man sich wünschen könne, kräftezehrend ja, aber eben auch beflügelnd.
Die Idee, ein Sequel zu drehen gab es bereits kurz nach dem Start von "Gladiator", mit zum Teil aberwitzigen Vorschlägen, wie man den am Ende des ersten Teils getöteten Maximus wieder ins Spiel bringen könnte. (Tatsächlich kursiert im Netz so ein Drehbuchversuch von Nick Cave!) Von solchen Eskapaden wollte Ridley Scott nie etwas wissen, insofern war es ein gutes Zeichen, dass er nun selbst die Regie übernommen hat. Tatsächlich ist "Gladiator 2" wieder eine spektakuläre und immersive Zeitreise ins alte Rom geworden.
Atemraubendes Spektakel-Kino
Mit einem Riesenbudget von, geschätzt über 300 Millionen Dollar, hat "Gladiator 2" das dreifache des ersten "Gladiator" gekostet. In den Fünfzigerjahren waren Monumentalfilme wie "Quo Vadis" oder "Ben Hur" auch schon bombastische und kostspielige Spektakel, mit denen Hollywood die Zuschauer von den Fernsehschirmen ins Kino zurückholen wollte. Als reine Studioproduktionen wirkten sie aber auch sehr künstlich und steril. Im Vergleich dazu ist "Gladiator 2" mehr noch als der Vorgänger sehr unmittelbare, physische Erfahrung. Schnell stürzt sich der Film in den Angriffskrieg des Feldherrn Acacius, mitten hinein ins Schlachtengetümmel, in den Staub, den Dreck, den Schweiß, das Blut der Krieger auf dem Schlachtfeld. Man kann die Angst und die förmlich riechen, auf dem Gefangenentransport nach Rom. Und später im Colosseum gibt es spektakulär dynamische Kämpfe, mit zähnefletschenden aggressiven Riesenaffen, einem Monster-Rhinozeros und bei einem Kampf wird eine berühmte Seeschlacht nachempfunden: Die ganze Arena des Colosseums ist mit Wasser geflutet, in dem blutrünstige Haie schwimmen, die jeden zerfleischen, der von Bord geht.
Oscarverdächtige Schauspiel-Leistungen
Als Gegenpol zu den überwältigenden Schauwerten glänzt auch das Sequel wieder mit grandiosen Schauspielern. Der Ire Paul Mescal ist mit eher empfindsam zerbrechlichen, modernen Helden bekannt geworden, als todkranker Vater in "After the Sun" und als geisterhafter Geliebter in "All of us Strangers". Damit war er nicht unbedingt die nächstliegende Wahl für die Besetzung eines muskelbepackten Gladiatorenkämpfers, wird aber gerade durch die Mischung aus animalischer Wut und Verletzlichkeit ein moderner Held.
Wie der von Pedro Pascal verkörperte römische Feldherr Acacius, geht es auch ihm nicht um Macht geht, sondern um eine bessere Zukunft für Rom und seine Bewohner. Pedro Pascal ist mit grandiosen Serien wie "Mandalorian" und "The Last of Us" bekannt geworden. Auch er glänzt in seiner Widersprüchlichkeit, einerseits ist er der schneidige Feldherr, der das römische Reich auf seinen Eroberungsfeldzügen vergrößert, andererseits leidet er an der Verdorbenheit des untergehend Rom, wie Lucius will auch er vor allem eine bessere Zukunft für Rom und seine hungernden Bürger.
Richtig spektakulär ist Denzel Washington als Macrinus, ein ehemaliger Sklave, der sich als Gladiatoren-Scout in die Nähe der Macht manövriert hat und es selber auf den Thron abgesehen hat, und in Lucius sein Weg zum Ziel erkennt: "Du trägst etwas in dir: Wut! Du darfst sie nie verlieren, denn sie verhilft dir zu Größe!" Mit seiner extrem gedrosselten, konzentrierten Präsenz zieht Denzel Washington die Blicke magnetisch auf sich zieht, wann immer er auftaucht.
Gespenstische Parallelen zur Gegenwart
Das alte Rom, rund 200 Jahre nach Christus, mag sehr weit weg erscheinen, von den heutigen Problemen und doch gibt es Bezüge zur realen Welt, einen unterschwelligen Kommentar zu gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Im verrotteten, ehr- und sittenlosen Rom, das dem Untergang geweiht ist, lassen sich gespenstische Parallelen zu Putins Großmachtansprüchen in Russland und der dekadenten Morallosigkeit von Trump in Amerika entdecken.
Anke Sterneborg, radio3