Komödie von Oskar Roehler - "Bad Director"
Das Original ist ein Roman, der "Selbstverfickung" heißt – das vierte Buch von Regisseur Oskar Roehler, der schon viele große Filme in seinem Leben gedreht und hier nun wieder einmal ein eigenes Buch verfilmt hat. "Bad Director" heißt der Film, der eine abenteuerliche Abrechnung mit der Filmwelt und dem Leben als Regisseur ist.
Geht man erstmal von dem Offensichtlichen aus, steckt eine Menge Oskar Roehler in der Geschichte. Denn die Hauptfigur ist ein Regisseur, der aussieht wie Oskar Roehler: lange dunkle Haare, dicke Brille, ein bisschen schluffig, intellektuell. In der Figur des Regisseurs, den er – frei nach Kafka "Gregor Samsa" nennt - bricht sich Roehlers ganze Wut auf die Filmbranche Bahn. Ungehemmt und ohne Rücksicht. Ein Infernal von 130 Minuten Länge.
Ungehemmte und rücksichtslose Abrechnung mit der Filmbranche
Ob die Menschen, denen er begegnet, es hören wollen oder nicht, wie eine Bedienung bei der Filmpreis-Party: Samsa macht aus seinem Abscheu für die Kollegen keinen Hehl.
"Soll ich dir die vorstellen? Das sind dumme, eingebildete Karrieristen. Die kommen direkt aus der 'Schumanns Tagesbar' in München, ihr Intellekt reicht gerade mal so weit, den amerikanischen Mainstream zu kopieren - ja, ihre Komödien nennen sie 'RomCom' und ihre Filmchen nennen sie 'Hight-Concept-Modi'. Ich sage dir, spätestens nach zwei Stunden langweilst du dich mit denen, aber ich kann sie dir natürlich trotzdem vorstellen."
Die Angst des Regisseurs
Es wundert nicht wirklich, dass Roehler nur unter großen Schwierigkeiten Finanziers für seinen Film gefunden haben soll. Er teilt nach rechts und links aus: ZDF, ARD - sie alle bekommen ihr Fett weg. Und oft trifft er genau ins Schwarze - zum Beispiel, wenn sein Hauptdarsteller dieselbe Szene einmal für ARD 20:15 oder ZDF-Vorabend spielt.
Natürlich werden hier viele Klischees bedient: die Eitelkeiten der Schauspieler, die Geldgier des Produzenten – in all dem steckt auch ein Körnchen Wahrheit. Die Tonlage aber ist die Angst des Regisseurs, die aus ihm eine bemitleidenswerte Figur gemacht hat. Bei Kafka mutiert Gregor Samsa über Nacht zum unförmigen Käfer, hier ist es vielleicht das Alter und die vielen schlechte Erfahrungen, die ihn unansehnlich und frustriert haben werden lassen: Niemand nimmt ihn ernst, seine Autorität wird permanent ignoriert. Er hasst seinen Beruf, er hasst eigentlich alles.
"Welche Sockenfarbe der Hauptdarsteller tragen soll? Damit habe ich die ganze Zeit mein Leben vergeudet und mir die Nerven zerrüttet. Scheiße! Was mache ich hier? Mann! Du? Habt ihr mir die Tabletten besorgt?"
Oliver Masucci als Roehlers Alter Ego
Roehler selbst gilt als das Enfant Terrible des deutschen Films, so hat er ja auch seinen Film über Fassbinder genannt, seinen Seelenverwandten, den er mit Oliver Masucci besetzte. Auch in "Bad Director" übernimmt Masucci die Rolle seines Alter Egos , spielt ihn als sexgeilen, zähnebleckenden und stotternden Schmierfink. Es ist beeindruckend, wie konsequent Masucci dieses Grimassenschneiden durchhält. Eigentlich aber – und das macht ihn dann eben doch irgendwie sympathisch – ist dieser Mann verzweifelt auf der Suche nach ein bisschen Wahrhaftigkeit und Schönheit. Die glaubt er dann in einer bildschönen und sehr fröhlichen Prostituierten zu finden. Und so ist diese Abrechnung Oskar Roehlers mit der Filmbranche auch eine Liebesgeschichte.
Überzeichnet und maßlos
Bei all dem, das witzig und dann wieder abstoßend und manchmal auch nur langweilig ist, gibt es einiges, das merkwürdig berührt: Äußerungen über die Zeugung des Idealmenschen, das sehr eindimensionale Frauenbild, das andererseits durch die starken und witzigen weiblichen Figuren (Bella Dayne oder Anne Ratte-Polle als Diva) genial durchbrochen wird, die nicht enden wollenden Sexszenen, die Idee, jede Szene musikalisch einem Genre zuzuschreiben. Das ist zum Teil einfach nur zäh und auch penetrant.
"Bad Director" ist in jeder Hinsicht überzeichnet und überspannt, kennt kein Maß.
Es ist aber auch das Porträt eines alternden Mannes, der den Glauben an die Welt und seinen Beruf verloren hat. Setzt man Samsa mit Roehler auch nur ein bisschen gleich, ist das eine traurige Angelegenheit.
Christine Deggau, radio3