Neuausgabe des Mozart-Werkverzeichnisses - Der neue Köchel
Es ist das bekannteste aller Werkverzeichnisse – das Köchel-Verzeichnis, das sämtliche Werke von Wolfgang Amadeus Mozart aufführt. 1862, also vor 162 Jahren, ist die erste Auflage erschienen, erstellt von Ludwig Ritter von Köchel, eigentlich Jurist, Historiker und Naturforscher. Seitdem hat das Verzeichnis mehrere Auflagen und Überarbeitungen erfahren. Jetzt ist eine neue Auflage erschienen.
Lange hat man warten müssen – die letzte Auflage des Köchel-Verzeichnisses kam vor sechzig Jahren heraus. Seitdem hat sich nicht nur einiges in Sachen Mozart-Forschung getan, auch der Verbleib zahlreicher Handschriften nach dem Zweiten Weltkrieg war damals unklar, die Kommunikation in Zeiten des Kalten Krieges alles andere als einfach.
Allem voran jedoch musste man für die neue Auflage zu dem Ergebnis kommen, dass der vorherige Versuch, eine möglichst genaue Chronologie der einzelnen Werke beizubehalten, indem man neue Nummern vergab und umsortierte, letztlich gescheitert war.
Zurück zu den Originalnummern
Das hat allein schon praktische Gründe: Die alten Nummern waren so präsent, dass sich die neuen im allgemeinen Gebrauch nicht durchsetzten. Die Sonate KV 333 etwa wurde in den allermeisten Fällen weiter unter dieser Nummer in der musikalischen Praxis geführt und nicht unter KV 315c. Einige Werke hatten sogar drei verschiedene Nummern – ein ziemliches Durcheinander.
So ist man nun in der neuen Auflage zu den Originalnummern zurückgekehrt – um den Preis, einen Anspruch auf Chronologie streichen zu müssen. Nachvollziehbare Begründung: "Chronologie war (und bleibt) aber ein problematisches Organisationsprinzip für die Dokumentation eines aktiven, idealistischen und dabei doch praktisch denkenden freischaffenden Künstlers aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts."
Suchmöglichkeiten
Wie findet man nun, was man sucht? Entweder gibt es eine Nummer im Hauptteil. Wenn nicht und ein Werk in einen der Anhänge gewandert ist (weil unecht, eine Bearbeitung Mozarts oder zur Originalnummer rückgeführt), kann man in eine Konkordanz blicken, wo alle Nummern, die nicht mehr vergeben worden sind, aufgeführt sind und man weiterverwiesen wird. Diese benötigt man auch, weil es im Hauptteil keine Verweise mehr gibt. Nach KV 16 folgt ohne weiteren Hinweis KV 19 – die beiden Sinfonien KV 17 und 18 sind eben nicht von Mozart.
Oder man sucht nach Gattungen, das gibt es nach wie vor in einer thematischen Werkübersicht.
KV 627 bis KV 721
Eine bislang konsequent durchgehaltene Regel wurde nun gebrochen. Bislang war und blieb bei KV 626 Schluss. Alles neu Gefundene und Zugeordnete wurde dazwischengequetscht. Jetzt wurden 95 Werke, teilweise Fragmente oder verschollen, aber (höchstwahrscheinlich) echt und nachweisbar, dem Hauptteil angefügt. Es gibt also die KV-Nummern 627 bis 721.
Eine zunächst gewöhnungsbedürftige, aber dann doch konsequente Umsetzung, alles, was nachweislich oder mit einer glaubhaften Wahrscheinlichkeit von Mozart ist, im Hauptteil unterzubringen. So wie eine gerade erst neu entdeckte Serenade in C, ein bis dahin unbekanntes Frühwerk, das im neuen Köchel-Verzeichnis die Nummer 648 bekommen hat.
Die digitale Planung
Diese Neuauflage des Köchel-Verzeichnis wird wohl, das darf man im digitalen Zeitalter vermuten, die letzte gedruckte Neuausgabe sein und bleiben. Wie die Herausgeber schreiben, soll sie durch ein "modulares Online-Werkverzeichnis ergänzt werden", und man darf sicher sein, dass das dann immer auf dem neuesten Stand der Forschung gehalten werden wird.
Bereits jetzt findet man im Netz unter kv.mozarteum.at eine abgespeckte Variante, mit der man sich zunächst einmal orientieren kann. Und dort kann man etliche der Werke auch hören.
Andreas Göbel, rbbKultur