Kleiner Zuckersirup-Leitfaden - Zuckerverzicht: Vom Agavensirup bis zur Zuckerrohrmelasse
So manch einer oder ein hat sich zum Jahreswechsel vorgenommen, sich gesünder zu ernähren und weniger Zucker zu essen. Aber was gibt es für Alternativen, wenn man die Speisen doch nicht ganz ohne Süße mag? Thomas Platt stellt einige gesündere Varianten vor.
Eigentlich braucht man keinen Jahreswechsel, um gute Vorsätze zu verwirklichen. Immerhin aber bildet er einen Anstoß, endlich etwas zu ändern. Außerdem beginnt jetzt so etwas wie ein Wettbewerb der Vorhaben. Wer schlappmacht, hat verloren. Vor sich selbst und vor den anderen.
Ahorn- und Agavensirup erleichtern den Umstieg
Wenn man Zucker generell anfeindet und ganz mit ihm brechen will, dann hat man vermutlich wenig Chancen, den Verzicht durchzuhalten. Jedoch ein Umstieg von industriell prozessierter, gebleichter Raffinade auf flüssige Zuckervariationen, die Begleitstoffe wie zum Beispiel Vitamine, Eiweiße und Mineralien enthalten, dürfte nicht allzu schwer fallen – zumal einige dieser veganen Variationen so gehaltvoll sind, dass sie dem Honig Konkurrenz machen können.
Am bekanntesten ist der Sirup des Zuckerahorns. Er gehört fest zum Pancake, kann aber gut auch zum Süßen von Tee verwendet werden, in der Eisproduktion und ebenfalls in salzigen Gerichten. Sternekoch Max Strohe vom Restaurant "Tulus Lotrek" benutzt den relativ flüssigen Extrakt in Saucen, zu Fleisch und Gemüse. Sein Geschmack wird dominiert von direkter, jedoch wenig klebriger Süße. Sie wird lediglich von leichtem Karamell begleitet.
Dem Ahornsirup am nächsten steht der Agavensirup. Seine Konsistenz ist ebenfalls relativ dünn und seine unkomplizierte Süße wird kaum von Beiklängen behelligt. An ehesten erinnert er an Lutschbonbons auch an bestimmte Hustensäfte. Der tannenhonigdunkle "BioAgros Raw Agave Syrup" (erhätlich bei "Ariston", Meraner Str. 19, Berlin) beweist im Gegensatz zu den eher gesichtslosen Marken aus dem Bio-Supermarkt erkennbar Charakter. BioAgros kommt sogar mit Kaffee klar.
Rübensirup macht dem Honig Konkurrenz
Rübensirup oder auf Rheinländisch Rübenkraut heißt der eingekochte Saft der Zuckerrübe. Der bekannteste Vertreter im Handel nennt sich "Grafschafter Goldsaft". Dennoch besitzen die Bioprodukte von "Bauck" und "Voelkel" ein erweitertes Aromenspektrum. Das betrifft sowohl den lakritzartigen Ton als auch eine schöne Mineralität. Hinzu kommt eine muntere, fast fruchtige Säure, die einem nicht übermäßig ausgebildetem Karamelleffekt Kontur verschafft. Er vermag, an die Stelle von Honig zu treten und leistet auch in der salzigen Küche gute Dienste – etwa um Rosenkohl zu karamellisieren oder einer Suppe mehr Körper zu verschaffen. Jonas Merold, Pionier der neuesten Neuen Deutschen Küche, schätzt die hefig-gemüsige Seite des Auszugs. Der Chef des gleichnamigen Neuköllner Restaurants hilft Bratensaucen damit auf die Beine.
Während sich beim zäh fließenden Rübensirup eine Bitternote lediglich andeutet, erscheint sie deutlicher formuliert in der dichten "Rapunzel Zuckerrohr Melasse". Dieses fast schwarze Konzentrat beeindruckt ebenso mit Lakritz als auch mit einem herben vegetabilen Aroma. Es erscheint derart voll und rund, dass die Süße demgegenüber verhalten wirkt. Auf Waffeln und Pfannkuchen, in starkem Tee oder bloß als Brotaufstrich ein Erlebnis. Auch in Salatsaucen wirkt Melasse sich positiv aus, insbesondere in Verbindung mit Kürbiskernöl.
Dattelsirup für den leichten Umami-Kick
Wer Datteln nichts abgewinnen kann, wird auch an ihrem Sirup keine Freude haben. Alle andern werden die Essenz der Palmfrucht vom ersten Moment an lieben, ganz besonders dann, wenn es sich um das libanesische Erzeugnis "Koura Valley Dates Molasses" (erhältlich bei "Harb", Potsdamer Str. 93, Berlin) handelt. Das nämlich wurde nicht gestreckt mit Maissirup (wie so oft) und bietet neben der typisch müden Dattelsüße ein kleines Panorama aromatischer Begleitstoffe. Neben einer klaren Fruchtnote, die von gut eingebundener Säure gesteuert wird, fällt der leicht salzige Ton positiv auf. Außerdem ist ein Anflug von Umami zu vernehmen.
Dass man im Nahen Osten von Dattelhonig spricht, kommt nicht von ungefähr. Dattelsirup passt perfekt zu Joghurt und Quarkspeisen, ins Müsli genauso wie in eine Gemüsesuppe. Mit Sojasauce verträgt er sich besonders gut.
Dieser natürliche Extrakt besteht wie die anderen genannten hauptsächlich aus Zucker. Sich bei seinem Genuss zu zügeln, sollte wegen ihrer aromatischen Präsenz leichter fallen als bei kristallinem Haushaltszucker. Denn dessen aromatische Leere treibt den Konsum an.
Thomas Platt, radio3