Stollen liegen für die 1. öffentliche Stollenverkostung der Saison bereit, Dresden 09.11.2012; © picture alliance/dpa-Zentralbild/Arno Burgi
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Verkostung: Alljährlich prüft der Schutzverband Dresdner Stollen e.V. die Stollen der 134 Dresdner Traditionsbäcker und -konditoren | Bild: picture alliance/dpa-Zentralbild/Arno Burgi

5 Adressen für feine Stollen - Christstollen

Vielen stellt sich die Frage gar nicht mehr. Ob ihnen der Christstollen schmeckt oder nicht, scheint fast unerheblich. Der Genussaspekt wird vom weihnachtlichen Brauchtum beiseite gedrängt. Denn der weiß gepuderte Teigbatzen im Umfang eines Brotlaibs gehört zum Motto- und Symbolgebäck, das beim Ritual am Jahresende nicht fehlen darf. Thomas Platt nennt fünf besondere Stollen.

Der auf der Basis von Hefeteig gebackene Kuchen ist ähnlich wie Zimtstern, Spekulatius und Lebkuchen auf anregende Weise orientalisch gewürzt. Neben Kardamom und Zimt, die selten fehlen, schärfen oft noch Ingwer, Kardamom, Macisblüte, Nelke, Sternanis, Tonkabohne und Vanille das geschmackliche Profil des Christstollens.

Stilprägender allerdings sind Butter und Mandeln, Sultaninen und Korinthen sowie nicht zuletzt Orangeat und Zitronat. Letztere waren wie die aus dem Fernhandel stammenden Gewürze zur Zeit seiner Entstehung vor über siebenhundert Jahren von gesundheitlicher Bedeutung – sozusagen als Vitamin- und Magenpillen des Mittelalters.

Christstollen wird mit Puderzucker bestreut; © picture alliance/Shotshop/Bernd Jürgens
| Bild: picture alliance/Shotshop/Bernd Jürgens

Das Ursprungsgebiet des Stollens ist Mitteldeutschland, vor allem Sachsen. Der "Dresdner Stollen" hat er vor gut dreißig Jahren eine geschützte Ursprungsbezeichnung erlangt. Verbreitet in der ganzen Republik, wird er nicht selten bereits im Advent genossen. Streng genommen hat er jedoch Schonzeit bis Heiligabend.

Jetzt, mitten der Saison gibt es unzählige Angebote und auch Versionen, die es dem Konsumenten mitunter schwer machen, sich darin zurechtzufinden. Hier sind vier besondere, voneinander recht verschiedene Stollen, die jedoch eins gemeinsam haben: Sie bestehen aus ausgewählten Zutaten und werden strikt von Hand gefertigt.

Getragen von großer Buttrigkeit

Das Lübecker Familienunternehmen "Junge. Die Bäckerei" beschäftigt seit Monaten viele Bäcker ausschließlich für Stollen. Obwohl es sich um einen großen Filialbetrieb handelt, geht die Spezialisierung nicht zu Lasten der Handarbeit. Der Butterstollen (es gibt ihn auch als Marzipan- und Mohnstollen sowie auf Anfrage ohne Früchte und Rosinen) wird annähernd genauso produziert wie vor über 100 Jahren. Er mag vergleichsweise konventionell wirken, aber jede Zutat sitzt an der richtigen Stelle, getragen von großer Buttrigkeit.

Nussig-würziges Urgetreide

"Du Bonheur", eine der besten Konditoreien Berlins, stellt mit ihrem fluffigen Kamut-Dinkelstollen ein geschmackliches Ereignis her, das die Bahn des Herkömmlichen verlässt. Grundlage ist Kamut, ein aus Kanada stammendes Urgetreide. Sein Aroma ist nussig-würzig, vor allem aber buttrig.

"Es kann ja garnicht zuviel Butter sein", sagt Inhaberin Anna Plagens zu einem Getreideffekt, der dem tierischen Fett zugleich geschmackliche Tiefe und Länge mitgibt. Gleichzeitig ist der etwas dunkle Teig idealer Träger für Gewürze – darunter Anis, Ingwer, Kardamom, Tonka und Vanille –, und von in Rum eingelegten Korinthen und Sultaninen.

Vor allem aber profitieren davon die im Haus konfierten, also in Zuckersirup marinierten Bio-Orangenschalen, mit denen Plagens Orangeat und Zitronat ersetzt. Übrigens: Die in der Regel sehr mäßige Qualität der beiden letztgenannten ist der Grund, warum Kinder und Feinschmecker häufig Christstollen ablehnen.

Mürb-saftiges Orangeat

Gelbweizen und sogenanntes Stollenmehl aus Thüringen bilden die Bühne für ein hocharomatisches Stück mit einer Reihe ausgezeichneter Protagonisten. Allein die Entfaltung der Butter führt vor, wie gut Johann Kreter daran tut, erstklassige Ware aus ökologischer Produktion zu verwenden, darunter ein mürb-saftiges Orangeat, das sonst höchstens bei Delikatessgeschäften in Italien anzutreffen ist.

Der Bäcker- und Konditormeister verfügt über jene jahrelange Erfahrung, die ein Spitzenstollen gerade auch beim Backen verlangt. Durchgebacken und eben nicht glitschig, angefüllt mit Gewürz und prallen Rum-Sultaninen ist auch das Stollenkonfekt der "Johann Bäckerei", das in hohen Weckgläsern angeboten wird.

Luftig wie ein Panettone

Guido Fuhrmann und seine "Werkstatt der Süße" verfolgen einen an die französische Pâtisserie anknüpfenden Ansatz. Er stellt der Tradition eine Öffnung des aromatischen und texturellen Horizonts gegenüber, so dass sich sein luftiges Erzeugnis ein wenig dem Panettone annähert.

Trotzdem wirkt der mit gehackten Mandeln und Marzipan, mit Tonkabohne sowie Madagaskar-Vanille abgeschmeckte Stollen durchaus traditionell – nur eben, dass auch Zutaten wie Orangensaft und Orangenabrieb sowie Honig als alleiniges Süßungsmittel zu optimaler Wirkung gelangen. Dieser 300 g-Stollen reiht sich nahtlos in das Œuvre eines großen Patissiers ein.

Haut aus weißer Schokolade

"Beumer & Lutum" belebt das Genre mit einem Dinkelstollen. Die bekannte Bio-Bäckerei überzieht ihre Exemplare mit einer Haut aus weißer Schokolade. Auch die Krume entzieht sich der vertrauten Rezeptur. Cranberries nehmen die Stelle von Orangeat ein, Feigen spielen Zitronat, Ingwerstückchen bringen eine gewisse Schärfe mit, die von Honigmarzipan gemildert wird. Auch die Frische von Apfel- und Orangensaft ist ungewohnt.

Thomas Platt, radio3

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