Berlinale | Wettbewerb - "Mother's Baby"
Julia und Georg wünschen sich schon lange ein Kind. Doch als das Baby da ist, wird aus dem Traum ein Albtraum. Johanna Moders Psychothriller aus der schönen neuen Welt der Kinderwunsch-Kliniken bleibt lange im Unklaren – und lässt ein gespaltenes Publikum zurück.
Julia Bode (Marie Leuenberger) und ihr Ehemann Georg (Hans Löw) sind ein erfolgreiches Paar - sie eine erfolgreiche Orchesterdirigentin, er Architekt bei einem großen Bauunternehmen. Nur ein Kind fehlt den beiden noch zu ihrem Glück.
Erfolg garantiert
Weil sie auf natürlichem Weg nicht schwanger werden und die Zeit langsam drängt, entschließen sich Julia und Georg zum Besuch einer privaten Kinderwunsch-Klinik. "Lumen Vitae" heißt das Institut, eine prachtvolle Villa über den Dächern von Wien. Hier hält der charmante Dr. Vilfort (Claes Bang) Hof, der den Eltern in spe eine 68 %ige Erfolgschance verspricht – und das schon beim ersten Versuch.
Aus dem Traum wird ein Albtraum
Als das Kind dann aber tatsächlich kommt, wird aus dem Traum ein nicht enden wollender Albtraum. Angeblich hat sich die Nabelschnur um den Hals des Säuglings gelegt, weswegen er in aller Eile aus dem Kreißsaal gebracht wird. Und als Julia ihren Sohn nach endlosen Stunden des Wartens endlich in den Arm gelegt bekommt, ist sie davon überzeugt, das sei gar nicht ihr Kind. Das Klinikpersonal habe das Baby absichtlich oder unabsichtlich vertauscht.
Obsession mit Axolotl
Von "Postpartaler Depression" spricht man, wenn sich Mütter nach der Geburt einfach nicht freuen können über ihr Kind und keine Bindung zu ihm aufbauen. Doch sind Julias Schwierigkeiten tatsächlich auf psychische Probleme zurückzuführen? Warum zeigt ihr Baby kaum eine emotionale Regung und schreit noch nicht mal, als es vom Wickeltisch fällt? Warum lässt Dr. Vilfort die junge Mutter von seiner Hebamme (Julia Franz Richter) regelrecht überwachen? Und was hat es mit der merkwürdigen Obsession des Mediziners mit Axolotl auf sich?
Gespaltenes Publikum
Johanna Moders Film lebt von der Ambivalenz und einem Drehbuch, das den Zuschauer lange im Unklaren lässt. Je mehr Julia davon überzeugt ist, dass bei "Lumen Vitae" etwas nicht stimmt, desto stärker wird die Ablehnung ihrer Umwelt. Solange, bis irgendwann das Jugendamt vor der Tür steht und der Ehemann mit dem Kind zur Schwiegermutter flüchtet. Da hat sich das Publikum längst gespalten in diejenigen, die das Spiel mit einer psychischen Krankheit geschmacklos finden und jenen, die sich dem nervösen Kitzel der Story nicht entziehen können.
Für junge Eltern nicht zu empfehlen
"Mother’s Baby" ist ein Psychothriller aus der schönen neuen Welt der Kinderwunsch-Kliniken, der lange im Gedächtnis bleibt. Für junge Eltern oder Paare mit akutem Kinderwunsch ist dieser Film ausdrücklich nicht zu empfehlen.
Carsten Beyer, radio3