Komödie - "Alles Fifty Fifty"
Mit der Inklusionskomödie "Die Goldfische" feierte Regisseur und Drehbuchautor Alireza Golafshan 2019 einen Überraschungserfolg. Nach der Single-Komödie "J.G.A.: Jasmin. Gina. Anna.", die im März anlief, kommt jetzt der dritte Langfilm des gebürtigen Iraners ins Kino. In den Hauptrollen von "Alles Fifty Fifty" sind Moritz Bleibtreu und Laura Tonke zu sehen.
Moritz Bleibtreu und Laura Tonke spielen die geschiedenen Anwält:innen Marion und Andi, die beide nur das Beste für ihren 11-jährigen Sohn Milan wollen, der halb bei seinem Vater und halb bei der Mutter lebt. Während Marion sich zu einer Helikoptermutter entwickelt hat, nimmt Andi die Erziehung eher auf die leichte Schulter, überhäuft das Kind mit Spielsachen und Aktivitäten. Der wird immer raffinierter im Austricksen seiner Eltern, um zu bekommen, was er will: ob das ein Espresso oder ein Kriegsspiel ist.
Was wirklich in ihm vorgeht, wissen die beiden auch nicht - eigentlich gucken sie auch gar nicht richtig hin. Wohl aber die Lehrerin, die bei Milan durchaus Auffälligkeiten entdeckt und jetzt eine Psychologin hinzuzieht: Milan hat nämlich ein Bild gemalt, das eindeutig auf Gewaltfantasien schließen lässt. Also werden die Eltern einbestellt ...
50/50-Erziehungsmodell im Luxus-Resort
Es ist schon interessant, wie diese beiden Eltern auf einmal an einem Strang ziehen und gemeinsam zu Hochtouren auflaufen, nichts unversucht lassen, ihr ausgetüfteltes 50/50-Modell als das Beste anzupreisen. Im Grunde aber sind sie zwei karrierebewusste Erwachsene, die – jeder für sich – mit der Erziehung ihres Kindes komplett überfordert sind.
Da aber nun "50/ 50" über allem steht, steht auch einem gemeinsamen Urlaub nichts im Wege. Und auch, dass Marion inzwischen einen neuen Lover hat, der in das Luxusresort in Süditalien mitkommen soll, darf nicht stören. Konflikte sind da programmiert, vordergründig geht es natürlich immer ums Kind. Dass ihr Sohn hier seine erste große Liebe erleben wird, bekommt keiner der Erwachsenen mit. Viel zu sehr sind sie mit sich selbst beschäftigt.
Wunderbare Schauspieler in den Hauptrollen
Moritz Bleibtreu und Laura Tonke als getrenntes Elternpaar sind wunderbar. Was auch an der großen Lässigkeit liegt, mit der sie die ohnehin schon gutsitzenden Dialoge zum Leben erwecken. Moritz Bleibtreu steht die Rolle des gut verdienenden Machos, der bei allem genau weiß, wie es geht – und bis auf seinen Rücken keine Probleme haben will, sehr gut. Und Laura Tonke, die in den letzten Jahren sehr überzeugend die eher komplizierte Schusselfrau mimte, überzeugt hier als toughe elegante Anwältin mit jugendlichem Lover. David Kross spielt ihn als etwas einfach gestrickten Fitnesstrainer, der sich aber nicht die Butter vom Brot nehmen lässt: Souverän lässt er die Verbalangriffe seines Vorgängers und Konkurrenten ins Leere laufen. Auch diese Fights der beiden besitzen hohes komödiantisches Potenzial.
Leicht und witzig
So wird das Thema Erziehung mit großem Humor betrachtet, dabei nimmt Golafshan seine Figuren ernst und tatsächlich ist jede von ihnen auf ihre Art auch sehr liebenswert. Dass er bisweilen in die untere Schublade greift, dass er nicht an Klischees spart, dass der Verlauf der Geschichte absehbar ist: geschenkt. "Alles Fifty Fifty" ist leicht und witzig und verspricht anderthalb Stunden gute Unterhaltung.
Christine Deggau, radio3