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Gelesen von Ilja Richter
Miermann erhielt am nächsten Morgen nach seinem melancholischen nächtlichen Gang durch Berlin die Kündigung von Frächter. Zuerst wollte er gleich zu Frächter gehen. Doch die Kollegen Golisch und Kohler rieten ihm ab, in der ersten Wut loszustürmen. So streikte Miermann zunächst und schrieb keinen Artikel mehr und wartete auf die Leserinnen und Leser, die sich erkundigen würden, warum denn kein Artikel mehr von ihm zu lesen wären. Doch es fragte niemand. Selbst dem Verlag war es nicht aufgefallen.
Zwischenzeitlich war Käsebier zurück aus London. Sein Gastspiel war ein glatter Rheinfall. Aber Frächter trieb in der Berliner Rundschau die Käsebierschwelgerei weiter, obwohl Käsebier auch in Berlin out war. Muschler sah mit Sorge auf die finanzielle Entwicklung des Gebäudekomplexes am Kürfürstendamm. Die Börse wurde immer schwächer im Hinblick auf das Ansteigen des Nationalsozialismus. Auch Otto Mitte sah ängstlich in die Zukunft. Denn wenn Muschler pleitegehen sollte, war er zwar Verpflichtungen los, müsste aber dann doch an Muschler die Eigentümergrundschuld von 250.000 Mark zahlen. Mitte war jedoch äußerst illiquide.