Maria Bidian: Das Pfauengemälde © Zsolnay
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Roman - Maria Bidian: "Das Pfauengemälde"

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Die Suche nach den eigenen Wurzeln war schon immer ein großes Thema der Literatur. Zurzeit häufen sich gefeierte deutschsprachige Romane, die die eigene Herkunft erforschen, wie Dinçer Güçyeters "Deutschlandmärchen" oder Fatma Aydemirs "Dschinns". Heute erscheint "Das Pfauengemälde" von Maria Bidian, ihr Debütroman, der auf den Spuren einer rumänischen Familie wandelt.

Ana ist jung, schön, erfolgreich – doch sie scheint ihr eigenes Leben und die Gegenwart nicht wahrzunehmen. Sie verschwindet vielmehr in den Erinnerungen, Träumen und Tragödien ihrer rumänischen Familie und ihres plötzlich verstorbenen Vaters: "Wenn ich die ganzen Geschichten nur aus meinem Körper herausschütteln könnte, dachte ich und sah mich auf der Terrasse stehen, die alten Wunden fielen wie bunte Schuppen von meiner Haut. Aber was war ich dann noch, ohne die vielen Geschichten?"

Mosaik der Erinnerungen

Aus diesen Geschichten ihres Urahnen, der eine eigene Heldenstatue im Dorf hat, ihres Onkels, der jung erschossen wurde, aus den vielen Erinnerungen ihrer Tanten, Großmütter und Cousins versucht Ana ein Mosaikbild zusammenzusetzen, um ihre Herkunft zu verstehen und vor allem ihren Vater Nicu, der unter Ceausescu im Gefängnis gefoltert wurde und nach Deutschland floh:

"Ich sah Nicu hinter seinem Schreibtisch sitzen, in der Hand einen Brieföffner, mit dem er die Umschläge voller Stempel aufriss. Die Briefmarken schnitt er aus, legte sie in Wasserschalen und dann auf Zeitungspapier. Das Album mit den rumänischen Marken war das dickste. Oft sah ich ihn spät am Abend mit der Pinzette darüber gebeugt sitzen, als könnten die bunten Papierstücke das zurückbringen, was er verloren hatte: seine Heimat, seinen Wohlstand, seine Anerkennung."

Der Migrationshintergrund, den keiner will

Sie kennt ihren Vater nur so: Als gebrochenen und gedemütigten Mann, der in Rumänien Philosophie studierte und in Deutschland nur der arme Rumäne war. Trotz ihrer deutschen Mutter hat auch Ana den Stempel des Migrationshintergrunds, den wirklich keiner haben will und der niemanden interessiert, wie Ana – mit einem N rumänisch geschrieben – schon am ersten Tag in der Grundschule lernen muss:

"Désirée erzählte etwas von Pferden, Lavendelfeldern und Croissants, was ich langweilig fand. Also überlegte ich, was ich erzählen könnte, legte mir Satz für Satz eine Geschichte zurecht, die mit Verstecken in Heuhaufen, Bären und Knochen zu tun hatte. Als die Lehrerin meinen Namen vorlas, öffnete ich den Mund, aber sie sagte nur: 'Da fehlt ein N', schrieb etwas auf ihr Papier und las weiter."

Liebevolles Bild Rumäniens

Maria Bidian verbindet in ihrem Debütroman Anas Suche nach ihren Wurzeln sehr geschickt mit einer fast schon krimihaften Suche nach dem titelgebenden mysteriösen Pfauengemälde: Die Familie hat es nach jahrzehntelangen Prozessen zusammen mit dem Haus, das ihnen vor den sozialistischen Enteignungen gehörte, zurückbekommen. Ihre Figur Ana schwebt, irrt und stolpert dabei durch die letzten 100 Jahre rumänischer Geschichte und zeichnet damit ein zugleich liebe -und humorvolles Bild des heutigen Landes:

"'Das ist Magic FM, die Musik der Neunziger und das Beste von heute', die Stimme des Moderators, die aus dem Radiowecker kam, war tief. 'Und jetzt zu unserer Ummmmfrage heute am Feiertag', sagte eine Moderatorin mit hoher Stimme. Mir war heiß, das Gewitter war vorbei und die Sonne schien auf mein Gesicht. 'Wer ist der wichtigste Rumäne und wer der wichtigste Heilige? Sie können noch bis heute Abend im Internet abstimmen. Bis jetzt haben wir viele verschiedene Einsendungen bekommen. Maria Tanase ist weit vorne und Jesus auf Platz 2. Sogar Ceauşescu wurde vorgeschlagen. Ohoh.'"

Ein bemerkenswertes Debüt

Die düstere Ära Ceauşescu wirft ihre Schatten bis in unsere Zeit, doch Maria Bidian, die selbst rumänische Wurzeln hat, erweitert das Bild Rumäniens um viele viele weitere Mosaiksteine. Sie lässt Ana rumänische Dichterinnen und Dichter lesen, berauscht in versteckten Clubs tanzen und über idyllische Blumenwiesen im rumänischen Nirgendwo wandern. Es entfaltet sich ein dichtes und unheimlich spannendes Bild eines Landes, das sonst wenig Beachtung findet.

Was zu viel für nur einen Roman sein könnte – Landeskunde, historische Aufarbeitung, Krimi, Trauerbewältigung, Selbstfindung – fügt Maria Bidian wunderbar leicht zusammen, mit einer immer wieder poetischen Sprache und Sätzen, die sich einprägen: "Ich legte den Kopf auf die Knie und merkte, wie ich mich an den Rändern aufzulösen begann."

Das Pfauengemälde, das Ana erben soll, ist mehr als nur ein Bild - so wie der Roman "Das Pfauengemälde" mehr ist als nur ein Buch über eine Familiengeschichte. Es ist ein bemerkenswertes Debüt, das jetzt schon auf einen weiteren Roman hoffen lässt.

Irène Bluche, radio3

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