Gropius Quartett: Mendelsson | Albrecht | Antonín Dvořák © hänssler Classic
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Album der Woche | 07.10. - 13.10.2024 - Gropius Quartett: "Mendelssohn - Albrecht - Dvořák"

Das Gropius Quartett hat sich 2018 in Weimar und Berlin gegründet. Und nun endlich legt es nach vielen Konzerten - u.a. in der Elbphilharmonie und der Berliner Philharmonie - sein Debüt-Album vor. Darauf sind Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, George Alexander Albrecht und Antonín Dvořák zu hören. Das verbindene Thema heißt: Liebe.

Sie haben sich Zeit gelassen, die vier Musiker:innen vom Gropius Quartett. Seit rund sechs Jahren spielen sie in dieser Form zusammen. Obwohl sie sich untereinander schon seit einer kleinen Ewigkeit kennen, so der Cellist Wolfgang Emanuel Schmidt:

"Einerseits, weil wir zwei Ehepaare sind. Aber auch die Ehepaare kennen sich untereinander schon seit den Studienjahren an der Menuhin School und vom Studium. Es hat sich dann so ergeben, dass wir einfach gemeinsam im Quartett spielen. Von der ersten Probe an wussten wir: da wächst etwas Besonderes heran!"

Kraftvoller Name

Die Chemie stimmte sofort - und für das erste offizielle Konzert brauchte es endlich einen Namen. Wolfgang Emanuel Schmidt:

"Wir haben natürlich lange überlegt und kamen dann letztendlich auf Gropius, weil es vordergründig zwei Standorte für unser Quartett gibt: Weimar und Berlin. Das ist bei Gropius damals ähnlich gewesen. Und Gropius steht für Bauhaus. Das kann man verbinden mit der Kühnheit der Architektur, der Struktur, aber doch auf eine gewisse Art, eine große Leidenschaftlichkeit. Und diese Unbedingtheit zu zeigen, die Kompromisslosigkeit des Entwurfes sozusagen, hat uns sehr gereizt."

Dazu kommt, dass alle vier Mitglieder des Quartetts gemeinsam eine ausgedehnte Reise in die USA unternommen haben und dort die Wochen eines Studienaufenthaltes nutzen konnten. Auch Gropuis hielt sich lange in den USA auf.

Großes Motto für ersten Auftritt

Das Gründungskonzert des Quartetts stand unter einem Motto, das sich nun auch auf dem Debütalbum widerspiegelt: die Liebe in ihren ganz verschiedenen Fassetten.

An erster Stelle klingt die unverbrüchliche Geschwisterliebe von Felix Mendelssohn Bartholdy zu Fanny, spätere Fanny Hensel. Nach ihrem Tod komponierte er eine Art Requiem für vier Streicher. Der schönste Satz darin? Der dritte, erklärt der Cellist:

"Weil er so eine unglaubliche Liebeserklärung an seine eigene Schwester ist. Aber genauso mitreißend sind natürlich die anderen, hochdramatischen Sätze, wo der Schmerz wirklich greifbar ist. Gleich der Anfang packt einen und man spürt die Leidenschaften, das Leiden. Das ist ein Werk, das uns natürlich sofort zutiefst gepackt hat."

Die Liebe als Erlösungsbringer

Beim Werk von George Alexander Albrecht spricht schon der Titel: "Von Angst und Trauer erlöst durch die Liebe".

"Das ist unser Gründungswerk - wegen dieses Werkes spielen wir Quartett! Es ist ein großes Werk mit einer phänomenalen Tonsprache, die eben nicht ausschließlich modern ist, sondern sie basiert auf einer hochromantischen Klangvorstellung, kombiniert mit teilweise auch sehr atonalen Ständen. Das ist wirklich eine ganz faszinierende Tonsprache."

Gropius Quartett © Gudio Werner
Bild: Gudio Werner

Gemeinsam zur musikalischen Schärfe

Das Schroffe entwickelt sich hier immer stärker zu einem elegischen Schwebezustand. Ein Werk, das das Gropius Quartett mit dem Komponisten noch gemeinsam erarbeiten konnte. Albrecht, Jahrgang 1935 bis 2021, war um die 2000er Jahre Generalmusikdirektor in Weimar – daher kannte man sich.

Wolfgang Emanuel Schmidt erinnert sich an den Abend mit seiner Frau, der Geigerin Indira Koch, und dem Ehepaar Alexia und Friedemann Eichhorn:

"Wie wir bei Familie Eichhorn im Wohnzimmer geprobt haben - und er hörte uns zu und gab uns ganz klare Anweisungen, wie er sich die Musik vorstellte. Es war faszinierend zu sehen, welche glasklare Vorstellungen von den Klängen er hatte - wo es ein bisschen mehr 'ponticello' sein soll, wo es vielleicht giftiger klingen soll oder weihevoller, ruhiger. Und das hat uns natürlich sehr geholfen."

Liebe als Glücksträger

Und dann der Gegenpol: ungehaltene Naturliebe voller sonniger Momente im sogenannten "Amerikanischen Quartett" von Antonín Dvořák. Geschrieben hat dieser das in einem launigen Sommer in einem kleinen Dorf in Iowa, einst von Tschechen gegründet. Für Dvořák fühlte es sich an wie Urlaub zu Hause, inklusive Groß-Familien-Zusammenführung – und seine Ideen sprudelten.

"Diese Lebendigkeit, diese Quirligkeit und dann doch in dem Lento - unglaublich!", schwärmt Wolfgang Emanuel Schmidt. "Diese Sanglichkeit und vor allem,diese Abschattierungen ins ganz Leise!"

Glück zu viert

Das Quartett legt im ersten Satz ein so mitreißendes Tempo vor - mühelos, brillant, voller Tiefgründigkeit und Ernsthaftigkeit. Das strahlt große Harmonie aus, ein großes Glück, sich gefunden zu haben, für gemeinsame Konzerte und vielleicht weitere Alben vom Gropius Quartett.

Cornelia de Reese, radio3

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