Don Winslow: City in Ruins © HarperCollins
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Thriller - Don Winslow: "City in Ruins"

Bewertung:

Don Winslow ist seit Jahren einer der erfolgreichsten und auflagestärksten Krimi-Autoren. Er hat fünfundzwanzig internationale Besteller veröffentlicht, einige seiner Romane – "Das Kartell", "Tage der Toten", "Zeit des Zorns" – wurden zu Kino-Klassikern. Doch nun ist Schluss.

Der 1953 in New York geborene Autor, der an der Küste von Rhode Island aufwuchs und heute zwischen Kalifornien und den Orten seiner Jugend hin und her pendelt, hat angekündigt, dass der heute erscheinende Thriller "City in Ruins" nicht nur das Finale seiner "Danny-Ryan-Serie", sondern auch sein definitiv letzter Roman sein wird. Fortan werde er sich nur noch seinem "politischen Aktivismus" widmen.

Aufgeben ist keine Option

Sein Gegner heißt Donald Trump. Gegen ihn richten sich Zorn und Wut von Don Winslow: Trump ist für ihn ein Lügner und Betrüger, ein Populist und Manipulator, der die Demokratie aushöhlt, den Zerfall der Nation beschleunigt, die Weltordnung ins Wanken bringt, Wirtschaft und Klima gefährdet und nur verbrannte Erde hinterlässt.

Seit Trump zum Sturm auf das Kapitol aufrief, für keine seiner privaten und politischen Verfehlungen hinter Gitter musste und alle Versuche, ihn für seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, seine Sympathiewerte nur noch gesteigert haben, weiß Winslow, dass es härtere Bandagen braucht, um der Gefahr, die von diesem Menschenfänger ausgeht, zu trotzen und Widerstand zu leisten. Am besten dort, wo sich auch der Gegner tummelt und seine Lügen verbreitet.

Seit Monaten feuert Winslow deshalb im Stundentakt auf "X" (ehemals "Twitter") Tweets gegen Trump und seine Mitläufer, entlarvt die "Fake News" und schlägt mit harten Fakten zurück. Außerdem produziert und stellt er Videos ins Netz, versucht, in Wort und Bild eine neuerliche Trump-Präsidentschaft zu verhindern und die Menschen aufzurütteln. Ob er die verblendeten Trump-Wähler noch erreichen und umstimmen kann, weiß er nicht, aber aufgeben ist für ihn keine Option.

Sumpf aus Politik und Mafia

Der politische Furor des Autors schlägt sich auch in seinem neuen (und womöglich letzten) Roman nieder. Aber die politischen Anspielungen sind nur Nebengeräusche in einer Story, die von Drogen und Glücksspiel handelt, Prostitution und Geldwäsche, Immobilien-Haien und Berufskillern, vom blutigen Krieg zwischen italienisch-amerikanischer Mafia und irisch-amerikanischen Gangs.

Es ist eine archaische Welt aus Neid und Hass, Rache und Gier. Jeder will Macht und Einfluss und am ganz großen Rad drehen, kriminelle in legale Geschäfte und schmutziges in sauberes Geld zu verwandeln. Wir sind in den 1980er und 90er Jahren: Was mit "City on Fire" und "City of Dreams" begann, endet mit "City in Ruins". Es gibt Mörder, die ihre finstere Vergangenheit abschütteln wollen, Politiker, die als Saubermänner auftreten, aber ihre Überzeugung so schnell wechseln wie andere das Hemd, und es gibt korrupte Gesetzeshüter, die auf der Gehaltsliste der Mafia stehen und jeden Versuch abwürgen, kriminelle Machenschaften juristisch zu verfolgen.

Die Hauptfigur, Danny Ryan, erinnert an den "Paten" Michael Corleone, der aus der Mafia ein legales Unternehmen machen möchte und seine Loyalität und Liebe bitter bezahlen muss. Man könnte Danny Ryan, der den Sumpf aus Politik und Mafia zerschlagen und etwas Neues erschaffen will, auch als Sprachrohr von Don Winslow verstehen, der – wie Danny Ryan – in Rhode Island mit italienischen Mafiosi und irischen Gangstern aufwuchs und die Welt zu einem besseren Ort machen möchte.

Gnadenloser Killer, sympathischer Kerl

Man muss, um "City in Ruins" zu verstehen, die ersten beiden Teile der Trilogie nicht kennen. So verwirrend Handlung und so vertrackt das Figurengeflecht auch erscheint, Don Winslow hilft dem Leser immer wieder mit erläuternden Rückblenden und erklärenden Nebensätzen auf die Sprünge.

Wir erfahren, warum Gangster Danny Ryan aus Rhode Island abgehauen ist, wie er in Las Vegas zum Hotel-Besitzer und Spielhöllen-Mogul geworden ist, seine Träume wahr machen und sich vom Pesthauch des Kriminellen befreien will. Warum die Mafia ihm das Geschäft vermiesen und ihn und seine Liebsten töten will. Wir lesen mit Schaudern, wie aus dem scheinbar harmlosen Mann ohne Eigenschaften, der, um seine unternehmerischen Visionen umzusetzen, mit Banken verhandelt und mit Architekten diskutiert, wieder ein hasserfüllter Rache-Engel werden muss, wenn er Ian, seinen Sohn, und Eden, seine Geliebte, vor dem Bösen retten will.

Wir trauern mit Danny Ryan, wenn er seine ermordeten Freunde beweint und endlich bereit ist, alles aufzugeben, den Krieg zu beenden und Frieden zu schaffen. Danny Ryan ist ein gnadenloser Killer, aber auch ein sympathischer Kerl, der durch die Ruinen seines Lebens stapft und sich tapfer seinem Schicksal stellt.

Ein großes literarisches Finale

Es ist ein rundum gelungener Roman, kunstvoll komponiert, raffiniert verschachtelt, stilsicher erzählt. Lapidare Alltagssprache und mörderische Dialoge wechseln sich furios ab mit philosophischen Betrachtungen über die Schwierigkeit, Gut und Böse, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Don Winslow zeigt uns, wie schnell alle Gewissheiten zerbröseln können. Dass alles, was wir denken und fühlen, eine lange Geschichte hat und schon die alten Griechen und Römer alles Nötige über die fatalen Folgen von Liebe und Hass, Neid und Gier, Macht und Rache, Mord und Totschlag gesagt haben.

Auf der Folie von Homers "Ilias" und Vergils "Aeneis" werden gleich drei Geschichten miteinander verbunden: Die von Peter Moretti jr., der seinen ermordeten Vater rächt, indem er seine Mutter und ihren Geliebten erschießt. Die von Chris Palumbu, der nach langer Odyssee in seine Heimat zurückkehrt, den verwaisten Mafia-Thron wieder einnimmt und die Rivalen ins Jenseits befördert, die seine schutzlose Gattin schamlos belagerten und ausnutzten. Und schließlich die Geschichte von Danny Ryan, der in ein blutiges Gemetzel stolpert, das an den Trojanischen Krieg erinnert, in dem es keinen Sieger, sondern nur Opfer gibt.

Don Winslow stochert in der Asche einer ausgebrannten Welt, aus der nur neues Lebens entstehen kann, wenn wir uns auf die alten Werte besinnen: Barmherzigkeit, Mitgefühl, Solidarität. Es ist ein würdiger Abschluss. Und ein großes literarisches Finale.

Frank Dietschreit, radio3

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