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Sci-Fi Drama - "The Assessment"

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Prüfungen bedeuten Angst, Zweifel, Stress, Panik, so ist das scheinbar auch in der Zukunftsvision von "The Assessment", übersetzt: die Begutachtung. Es ist das Spielfilmregiedebüt von Fleur Fortuné, die bisher vor allem für kultige Musikvideos unter anderem für Drake und Travis Scott bekannt war. Für ein Debüt ist "The Assessment" ausgesprochen prominent besetzt – mit Oscarpreisträgerin Alicia Vikander, Elizabeth Olsen und Himesh Patel.

Strenger Auswahlprozess

Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft, in einer dystopischen Welt nach der Klimakatastrophe. Nur wenige Privilegierte leben in der sogenannten "Neuen Welt" nach streng ressourcensparenden Regeln. Dazu gehört, dass sich Paare für eine Elternschaft einem strengen Auswahlprozess unterwerfen müssen, sollte diese Bewerbung erfolgreich sein, wird ihnen ein In-vitro-Baby zugeteilt, klassische Fortpflanzung ist strengstens verboten.

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Mia (Elizabeth Olsen) und Aaryan (Himesh Patel) leben in einem hypermodernen intelligenten Bunkerhaus, das einsam in karger, unfruchtbarer Landschaft gelegen ist. Sie sind ein attraktives und erfolgreiches Ehepaar, er entwickelt KI-Haustiere, sie bewirtschaftet ein Gewächshaus, ein in sich geschlossenes Biotop, in dem sie längst ausgestorbene Pflanzen züchtet. Damit sind beide wichtig für die Gestaltung der neuen Zukunft und haben entsprechend gute Chancen, ein Kind bewilligt zu bekommen. Dennoch sind sie aufgeregt und angespannt, als früh morgens die Gutachterin Virginia vor der Tür steht.

Psychoterror

Mit der Ankunft von Virginia beginnt eine siebentägige Prüfung, in der die Gutachterin Zugang zu jedem Winkel des Lebens dieses Paares verlangt, und dabei zunehmend übergriffiger, fordernder und provozierender wird. Alicia Vikander spielt das mit der Aura einer erbarmungslosen Gouvernante, wie eine emotionslose Maschine, die von Künstlicher Intelligenz gesteuert wird (in "Ex Machina" hat sie genau so eine Figur gespielt). Mit völlig undurchdringlichen Gesichtszügen lässt sie jegliche Versuche, ihr Verhalten zu interpretieren oder ihr Urteil zu durchschauen, abprallen.

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Schnell wird klar, dass es hier nicht um eine wohlwollende Beurteilung geht, sondern eher darum, dem Paar fiese Fallen zu stellen, um sie sowohl als Eheleute wie als Eltern infrage zu stellen. So verwandelt sich die strenge Gutachterin am Esstisch ganz urplötzlich in ein unkontrollierbar aufsässiges Kind. Vordergründig geht es darum, wie die beiden mit so einer Situation umgehen würden. Da Virginia aber zugleich ein aufsässiges Kind ist, das es zu besänftigen gilt, und erwachsene Gutachterin, von der die Zukunft dieser Familie abhängt, wird die Situation zum extrem irritierenden und verunsichernden Psychoterror für das Paar.

Eingearbeitete Erfahrungen

Das Drehbuch bekam Fleur Fortuné in einem sehr frühen Stadium, so dass sie in Zusammenarbeit mit den drei Autoren eigene Erfahrungen einfließen lassen konnte: Sie selbst hat zusammen mit ihrem Mann längere Zeit vergeblich versucht, schwanger zu werden, und musste dann im Zusammenhang mit einer möglichen Adoption auch viele Fragen beantworten, ihre Eignung unter Beweis stellen. Und irgendwann begann sie, sich zu fragen, ob es überhaupt Sinn macht, noch Kinder in einer Welt großzuziehen, die mit Umweltverschmutzung, Klimaerwärmung, Überbevölkerung am Abgrund steht. Aus all diesen Elementen ist dann "The Assessment" geworden.

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Ästhetische Augenweide und beklemmende Horrorvision

Normalerweise sind Science-Fiction-Filme Zerstörungsorgien, die gigantische Budgets verschlingen, meist von Männern gedreht. Im Kontrast dazu ist "The Assessment" eine weibliche Variante, gedreht mit moderatem Budget von 8 Millionen Euro, ohne großen Budenzauber und Drohnenflüge über zerstörte Städte. Stattdessen wurde an einem menschenleeren Strand gedreht, in felsigen Landschaften auf Fuerteventura. Ausgehend von der Realität verengt Fortuné den Blick strategisch, und von ihren Erfahrungen als Regisseurin von Musikvideos bringt sie eine visuelle Experimentierfreude und ein Gespür für Kompositionen mit.

Schon das Bunkerhaus ist ein Ereignis, komplett durchtechnisiert, ständig werden Luftqualität und Temperatur gemessen und reguliert, alles lässt sich über Sprachsteuerung öffnen, schließen, an- und abstellen. Das wirkt beklemmend steril, aber zugleich ästhetisch durchdesignt, mit kantig geometrischen Formen, bunten Fenstern in Primärfarben, im Stil von Piet Mondrian – und die Kostüme sind in gedeckten Farben und geometrischen Schnitten darauf abgestimmt. Immer zugleich ästhetische Augenweide und unheimlich beklemmende Horrorvision ist das Haus ein Ort, an den virtuelle Kinder sicher besser passen würden als reale.

Anke Sterneborg, radio3

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