Julia Fischer (© Uwe Arens) und Jan Lisiecki (© Christoph Köstlin); Montage: radio3
Uwe Arens | Christoph Köstlin
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Ein Abend mit Sonaten für Violine und Klavier - Die Geigerin Julia Fischer und der Pianist Jan Lisiecki

Bewertung:

Zwei der derzeit gefeiertsten Stars der klassischen Musik spielen seit gut zwei Jahren zusammen: die Geigerin Julia Fischer und der Pianist Jan Lisiecki. Beide verbindet die Liebe zur Kammermusik, und so haben sie im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie gemeinsam einen Abend mit Sonaten für Violine und Klavier von Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Robert Schumann gegeben.

Das nennt man ein wirkliches Vertrauensverhältnis im besten Sinne. Julia Fischer und Jan Lisiecki verstehen einander blind. Das betrifft die gemeinsame Auffassung von Musik, aber es ist kein nettes Händchenhalten, sondern hier sind zwei Alphatiere auf der Bühne, die einander herausfordern.

Die Balance stimmt, man hört einander zu. Julia Fischer spielt alles auswendig und wendet sich immer mal Jan Lisiecki am Flügel zu. Er ist der ruhende Pol vor seinem iPad, auf dem er die Noten hat.

Mehr als die "Reinheit des absoluten Geistes"

Wolfgang Amadeus Mozarts B-Dur-Sonate, KV 378 gehen beide zunächst heiter und entspannt an, in gelöster, freundlicher Atmosphäre, da geht wirklich die Sonne auf. Aber schnell machen beide klar, dass es hier um mehr geht als um "die Reinheit des absoluten Geistes", die Mozarts "Denken dominiert", wie es einigermaßen blumig im Programmheft zu lesen ist.

Beide verstehen Mozart zutreffender als Komponist voller Überraschungen. Da hat man den Eindruck, dass sie sich musikalisch ins Wort fallen oder einen Wettbewerb austragen, wer am ausdrucksvollsten spielen kann. Das ist eine großartige Unterhaltung in Tönen: geistreich, niveauvoll und kurzweilig.

Spielen statt Beißen

In seiner Violinsonate Es-Dur aus op. 12 wollte sich Ludwig van Beethoven bei seinen Zeitgenossen Respekt verschaffen – vor allem der Klavierpart steckt voller Schwierigkeiten, die damals nur der Komponist selbst bewältigen konnte. Jan Lisiecki nimmt das mit traumwandlerischer Sicherheit, sehr sportiv und elastisch.

Beide sind auch hier auf maximalen Ausdruck aus, das Zusammenspiel könnte besser nicht sein, man hört mit Freude zu. Und doch wirkt es eine Spur zu poliert. Vergleicht man das mit der kürzlich erschienenen sensationellen Neuaufnahme durch Antje Weithaas und Dénes Várjon, die noch deutlich radikaler und zupackender ist, merkt man, was noch möglich gewesen wäre. Bei Antje Weithaas wird auch mal gebissen, Julia Fischer will einfach nur spielen.

Ein dämonisch funkelndes Schwarz

Robert Schumanns zweite Violinsonate hört man selten. Das Stück ist ein richtiger Brocken, über eine halbe Stunde lang und unglaublich dicht und düster, ein dämonisch funkelndes Schwarz. Hier Ordnung hineinzubringen, ist bereits eine großartige Leistung – so klar und verständlich bekommt man das Werk selten präsentiert.

Aber Julia Fischer und Jan Lisiecki machen mehr daraus: Da ist ein ständiges Brodeln, eine permanente Spannung. Man hat immer das Gefühl, dass es gleich explodieren müsste. Eine der besten Aufführungen dieses Werkes seit langem.

Duo mit Zukunft

Dieser Abend hat eines gezeigt: Das Duo aus Julia Fischer und Jan Lisiecki hat Zukunft, beide harmonieren hervorragend miteinander. Und man würde sich auch über die eine oder andere gemeinsame Aufnahme freuen. Hier und da könnte es noch eine Spur risikoreicher und mutiger sein, das können sie sich leisten, aber das kann alles noch kommen.

Und ein bisschen mehr Publikum hätte das Konzert auch verdient gehabt – das darf sich gerne herumsprechen, welche Qualität dieses Duo gemeinsam (und eben nicht nur solistisch) hat.

Andreas Göbel, rbbKultur