Deutsche Oper: La Fiamma © Monika Rittershaus
Monika Rittershaus
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Deutsche Oper Berlin - "La fiamma" von Ottorino Respighi

Bewertung:

Wo viel gekrischen wird, da jubelt man in der Oper gern zurück. Das ist nun mal nicht anders. Auch bei "La fiamma", der letzten Oper des "Pini di Roma"-Komponisten Ottorino Respighi. Nervenzerrüttende Gefühlslagen ziehen sich quer durch alle sozialen Schichten, vom oströmischen Exachen im Ravenna des 7. Jahrhunderts bis hinunter zu allen seinen vokal zickenden und austickenden Mägden und Domestiken. Sie machen das allesamt exzellent. Es schreien hier eigentlich alle geordnet aneinander vorbei oder aufeinander ein. So als sollten sie sämtlich verbrannt werden – so wie es anfangs der als Hexe überführten Doris Soffel ergeht – und am Ende auch der Heldin der Oper.

Regisseur Christof Loy, selbst beim großartigen "Wunder der Heliane", hat in Berlin eigentlich immer sehr grundständig, szenisch bescheiden agiert. Auch hier. Bühnenbildner Herbert Murauer zitiert die Holzvertäfelung der Deutschen auch innerhalb der Szene – so als ereigne sich die Hexenverfolgung direkt unter uns. Das bleibt indes nur abstrakte Behauptung - und sieht dummerweise so aus wie das recycelte Bühnenbild von Jan Bosses "Rigoletto" plus Einsprengseln aus Claus Guths "Salome". (Warum sagt sowas niemand vorher dem Regisseur?)

Loy liefert eine Coda zu seinem Verismo-Zyklus, lässt im Übrigen aber im Dunkeln, was ihn an dem Werk interessiert. Bezüge zu heutigen Ausgrenzungsvorgängen bleiben – und das am Abend der Wahl in Österreich! – diskret ausgespart.

Von vorne bis hinten hochprofessioell durchbesetzt

Anstelle der eigentlich vorgesehenen Ausrine Stundyte verfügt Olesya Golovneva als Silvana über eine alarmierend toll anschlagende Höhe (drunter ist’s rhythmisch und musikalisch nicht ganz so akkurat). Ihr Geliebter Georgy Vasiliev sieht aus wie das Frisur-Lichtdouble des jungen Jonas Kaufmann – und singt auch fast so gut. Doris Soffel gibt ein beeindruckendes Gorgonenhaupt.

Wie immer an diesem Haus ist der Abend hochprofessioell durchbesetzt – von vorne bis hinten. Was sich nicht nur in Martina Serafin als Großmutter, sondern auch in den kleineren Rollen super bewährt. Carlo Rizzi im Graben dirigiert ausgezeichnet. Das Orchester der Deutschen Oper war immer ein wesentlicher Erfolgsgrund der Siegesstrecke der Loy-Produktionen. Auch der Chor an diesem Abend: Exorbitant gut aufgelegt.

Ein ziemlicher Brandsatz

Dass man sich mit der Rundfunkübertragung begnügen könnte, würde ich wohl zu behaupten wagen. Das Stück bedient sich bei (und profitiert von) derselben Hexenfaszination, die scheinbar verurteilt wird. Aber wird sie wirklich verurteilt…?! "La fiamma" stammt aus den fatalen 30er Jahren (uraufgeführt 1934 mitten im italienischen Faschismus) und kommt da auch irgendwie nicht heraus. Diese "Flamme", mit anderen Worten, ist ein ziemlicher Brandsatz. Ich möchte nicht undankbar erscheinen, lasse mich aber nicht gern 3 ½ Stunden anschreien – nicht mal in der Oper. Auch nicht 2 ½ Stunden, wenn ich die beiden Pausen und einige leisere Stellen abziehe.

Kai Luehrs-Kaiser, radio3

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