Ryan Gosling und Emily Blunt in "Fall Guy" (Quelle: Universal Pictures)
Universal Pictures
Bild: Universal Pictures Download (mp3, 13 MB)

Action-Komödie - "The Fall Guy"

Bewertung:

Erinnern Sie sich noch an die amerikanische Serie "Ein Colt für alle Fälle" aus den 80er Jahren? In der Serie, die im Original "The Fall Guy" hieß, spielte Lee Majors den Stuntman Colt Seavers. Weil der von diesem Job allein nicht leben konnte, arbeitete er nebenbei als Kopfgeldjäger und löste für eine private Firma Kriminalfälle, wobei seine Fähigkeiten als Stuntman für jede Menge Action sorgten. Diese Woche läuft bei uns nun der Kinofilm "The Fall Guy" an, superprominent besetzt mit Ryan Gosling und Emily Blunt. Beide Stars waren in "Barbenheimer", dem Doppelphänomen des letzten Sommers zu sehen: Ryan Gosling als Ken in "Barbie" und Emily Blunt als Ehefrau des berühmten Physikers in "Oppenheimer".

Kinoversionen von erfolgreichen Serien, da hat man ja oft das Gefühl, das hat vor allem mit einem Mangel an neuen Ideen zu tun. Doch David Leitch bringt richtig gute Voraussetzungen mit, denn vor seiner zweiten Karriere als Regisseur von Actionfilmen wie der Superheldenpersiflage "Dead Pool" oder dem Agententhriller "Atomic Blonde" war er selber Stuntman - unter anderem Stuntdouble für Brad Pitt.

Forderung nach einem Oscar für die heimlichen Helden des Action-Kinos

Die 80er Jahre-Serie ist für ihn eine Vorlage für einen Film, der in erster Linie eine große Liebeserklärung an die unbesungenen Helden des Action-Kinos ist, die sich hinter dem Star quasi unsichtbar machen müssen, um ihn gut aussehen zu lassen. Im Film gibt es eine schöne Szene, in der Colt Seavers einen waghalsigen Sprung vom Wolkenkratzer in die Tiefe wiederholen muss, weil sein Gesicht den Bruchteil einer Sekunde zu deutlich zu sehen war. Tatsächlich gibt es schon seit längerer Zeit Bemühungen, die Arbeit der Stuntleute auch durch eine eigene Oscar-Kategorie zu würdigen - eine Agenda, die der Film beherzt befeuert.

Die Arbeiter des Kinos als Stars

Der Mann im Schatten des Stars wird von Ryan Gosling gespielt, der einer der größten und charmantesten Stars Hollywoods ist, was im Grunde der Clou des Films ist, seine Metaebene. Denn in "The Fall Guy" wird ein Film gedreht, der "Metal Storm" heißt und eine Art Endzeit-Space-Western im Stil von "Mad Max" ist.

Der Held dieses "Films im Film" ist Tom Ryder, ein ziemlich durchgeknallter, arroganter, eitler Fatzke, gespielt von Aaron Taylor-Johnson, der derzeit als potentieller neuer James Bond im Gespräch ist. Der Film verschiebt also - ähnlich wie die britische Serie "Extras" - die Perspektive von den Stars im Rampenlicht auf die Heerscharen der Handwerker, die ihnen zuarbeiten. Um die strahlen zu lassen, müssen sie natürlich auch von Stars gespielt werden.

Fall Out Guy © Universal Studios
Bild: Universal Studios

Best of-Showreel der waghalsigsten Stunt-Akrobatik

Viel Liebe wurde in die Stunts gesteckt, denn in erster Linie ist "The Fall Guy" ein völlig überdrehtes Best of-Showreel der waghalsigsten Stuntakrobatik auf den Straßen, in der Luft und zu Wasser. Gedreht wurde weitgehend ohne Computertricks, ganz ehrlich analog, schließlich soll die Kunst der Stuntmen gefeiert werden. Da springt Colt Seavers durch die Lüfte und von Hubschrauberkufen ans Gestell eines Kamerawagens. Er wird bei rasender Fahrt auf einer umgekippten Lastwagenladefläche durch die Straßen von Sydney geschleudert. Es gibt einen sogenannten Canonball-Stunt, bei dem sich ein Auto gleich mehrfach um die eigene Achse dreht: Insgesamt 8 ½ mal überschlägt sich das Auto hier, ein neuer Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde!

Dazu kommen jede Menge rasante Schlägereien, Verfolgungsjagden und Explosionen. Ganz nah ist das Kino da wieder an seinen Anfängen als Jahrmarktsattraktion. Ein gewisser Overkill mit Ansage, denn schließlich geht es darum, die Kunst der Stuntmen zu feiern.

Action, Krimi, "Film im Film"-Spielerei und Screwball-Liebeskomödie

In dreifacher Hinsicht ist Colt Seavers "The Fall Guy": Zunächst ist er derjenige, der sich als Stellvertreter des hochversicherten Stars ganz konkret fallen lässt. Zugleich ist er hier in übertragenem Sinne auch der Sündenbock, der für das Verbrechen eines anderen büßen soll. Und schließlich ist er der Typ, der sich schwer verliebt, was im Englischen "falling in love" heißt. So ist "The Fall Guy" nicht nur ein rasanter Action-Film, sondern auch ein gewitztes Spiel mit der "Film im Film"-Ebene - immer schlingernd zwischen Fiktion und Realität, zwischen Drehbuch und Leben.

Es ist ein Krimi mit vielen Verfolgungsjagden und Schlägereien. Und es ist eine wahrhaftige Screwball-Komödie, in der die Funken fliegen zwischen Jody Moreno (Emily Blunt) und Colt Seavers (Ryan Gosling), der Kamerafrau und dem Stuntman.

Fall Out Guy © Universal Studios
Bild: Universal Studios

Nach einem beinahe tödlichen Unfall hat sich Colt 18 Monate lang zurückgezogen und jobbt nur noch als Park-Service-Fahrer für die Gäste eines Luxushotels. Die Produzentin der Tom Ryder-Filme reaktiviert ihn unter falschem Vorwand, behauptet, Jody habe ihn als Stunt für ihr Regiedebüt angefordert - in Wirklichkeit soll er helfen, den verschwundenen Star, der in krumme Geschäfte verwickelt ist, aufzuspüren: "Du bist ein Stuntman, niemand wird dich bemerken, das ist dein Job!", erklärt sie.

Die explosive Liebesgeschichte zwischen zweien, die sich scheinbar nicht ausstehen können, in Wirklichkeit aber magnetisch anziehen, sorgt für emotionale Erdung im Aberwitz der Stunteinlagen. Vor allem spürt man, was für einen irren Spaß alle auf dem Set miteinander hatten.

Kleine Notiz am Rande

Die Plakate für die Tom Ryder Action-Filme hat der Berliner Grafiker Henning Brehm entworfen. Im Zusammenhang mit der Ausstellung "Großes Kino. Filmplakate aller Zeiten" im Berliner Kulturforum hat er unter dem Titel "Plakate für Filme, die es nie gab" einen Praxis-Vortrag gehalten mit Einblicken in eine andere "heimliche Kunst des Kinos". Als Grafikdesigner entwirft er jegliches Schrift- oder Bildgut, wie z.B. Zeitungscover mit Schlagzeilen, die sich auf die fiktive Handlung beziehen oder Buchcover für Romane oder Sachbücher, die im Rahmen einer Filmhandlung geschrieben werden. Oder wie im Fall von "The Fall Guy" die Werbeposter für die Filme, in denen der fiktive Tom Ryder der Star ist - also auch für "Metalstorm", der im Film gedreht wird.

Anke Sterneborg, radio3