Stella. Ein Leben; hier: Stella Goldschlag (Paula Beer); © Majestic/Jürgen Olczyk
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Biopic - "Stella. Ein Leben"

Bewertung:

Die "Greiferin" oder das "blonde Gespenst vom Kurfürstendamm" wurde sie auch genannt: Die jüdische Sängerin Stella Goldschlag arbeitete in den 40er Jahren als Denunziantin für die Gestapo. Um ihr eigenes Leben zu retten, liefert sie andere ans Messer. Regisseur Kilian Riedhof versucht der zwiespältigen Figur in seiner Film-Biografie gerecht zu werden – kommt ihr aber nie wirklich nahe.

Stella. Ein Leben; hier: Stella Goldschlag ( Paula Beer ) gibt mit ihrer Band ein Konzert; © Majestic/Christian Schulz/Letterbox
Bild: Majestic/Christian Schulz/Letterbox

Stella Goldschlag (Paula Beer) ist ein junges Mädchen aus einer gutbürgerlichen Berliner Familie: talentiert, ehrgeizig – und mit dem großen Ziel, eine berühmte Jazzsängerin zu werden. Während der Großteil der jüdischen Bevölkerung vor den Nazis zittert und ihre Eltern (Katja Riemann und Lukas Miko) sich vergebens um eine Ausreise bemühen, träumt Stella von einer Karriere am Broadway.

Der Traum – eine Karriere am Broadway

Regisseur Kilian Riedhoff fängt in seinem Film die Stimmung der jüdischen Bevölkerung zwischen nackter Angst und blinder Hoffnung gut ein: Nicht allen ist die Gefahr wirklich klar, in der sie schweben. "Wir Juden haben schon 1000 Jahre Vertreibung überstanden, wir werden auch die Nazis überleben" sagt Stellas Bandkollege Aaron (Bekim Latifi) an einer Stelle, während die neuen Machthaber längst an ihren wahnwitzigen Genozid-Plänen arbeiten.

Im Schnelldurchlauf durch die 30er und 40er Jahre

Im Schnelldurchlauf durcheilt der Film die späten 30er und frühen 40er Jahre: Stella im Jazzclub, Stella mit Judenstern auf dem Ku'damm, Stella als Zwangsarbeiterin in einer Munitionsfabrik, die schließlich von der Gestapo gestürmt wird. Ihr erster Ehemann Manfred (Damian Hardung) kommt nach Auschwitz, Stella taucht mit ihren Eltern in einer illegalen Wohnung unter und trifft schließlich auf der Suche nach Lebensmittelmarken den jüdischen Passfälscher Rolf Isaaksohn (Jannis Niewöhner).

Atemlose Momentaufnahmen

Nach den fast schon atemlosen Momentaufnahmen der ersten 45 Minuten gönnt einem das Drehbuch (Marc Blöbaum) an dieser Stelle erstmals eine kurze Atempause. Stella ist von Rolf beeindruckt, weil er ganz anders ist als ihre anderen jüdischen Freunde: Er ist frech, er ist mutig und er kennt keine Angst. Am helllichten Tag spaziert er auf dem Kurfürstendamm herum und gibt sich als SS-Mann aus, um so seinen Häschern zu entgehen.

Stella. Ein Leben; hier: Stella (Paula Beer) und Rolf (Jannis Niewöhner) sind bei den untergetauchten Juden im Berlin des Jahres 1944 gefürchtete Greifer; © Majestic/Verena Heller
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Wandlung vom Opfer zur Täterin

Rolf und Stella werden ein Paar – und in diesem Moment beginnt ihre Wandlung vom Opfer zur Täterin. Zunächst nutzen die Beiden nur die Notlage anderer Juden aus, um ihnen überteuerte Papiere zu verkaufen. Doch nachdem sie eines Tages von der Gestapo verhaftet werden, wechseln sie endgültig die Seiten. Rolf und Stella sind nun "Greifer". Um nicht selbst ins KZ deportiert zu werden, liefern sie andere ans Messer – sogar ihre alten Freunde und Geschäftspartner.

Wie hätten wir gehandelt?

Kilian Riedhof ist nicht der erste, der sich mit der Geschichte der Stella Goldschlag beschäftigt hat. Mehrere Bücher gibt es über sie, zwei Dokumentarfilme und sogar ein Musical, das 2017 seine Premiere an der Neuköllner Oper feierte ("Stella – das blonde Gespenst vom Kurfürstendamm")

Doch Riedhof wollte die Geschichte der Sängerin umfassender erzählen, als es bisher der Fall war. Er wollte zeigen, wie Stella Goldschlag zu der Person geworden ist, die sie am Ende war – und er wollte die Frage stellen: Wie hätten wir an ihrer Stelle gehandelt?

Stella. Ein Leben; hier: Stella Goldschlag ( Paula Beer ) verabschiedet ihre Eltern Toni und Gerd Goldschlag ( Katja Riemann und Lukas Miko ) auf dem Bahnhof Grunewald; © Majestic/Christian Schulz/Letterbox
Bild: Majestic/Christian Schulz/Letterbox

Im KZ "am Besten aufgehoben"

Dass er mit diesem ambitionierten Vorhaben am Ende scheitert, liegt vor allem an der Fülle von Handlungssträngen und Figuren, die Riedhof in seinen Film gepackt hat. Viel zu viel Zeit vergeht mit buntem 30er Jahre-Partytreiben, ehe er zur Sache kommt und sich konkret mit Fragen von Schuld und Moral beschäftigt. So bleibt "Stella“ am Ende ein handwerklich gut gemachter, etwas skizzenhaft erzählter Film über das Schicksal der Berliner Juden in der Nazizeit. Das ist aller Ehren wert, aber von solchen Filmen gibt es schon eine ganze Menge.

Carsten Beyer, rbbKultur

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