Staatsoper Oper: Aida © Herwig Prammer
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Staatsoper Unter den Linden - "Aida" von Giuseppe Verdi

Bewertung:

Am Radio dürfte die Aufführung besser geklungen haben, meint unser Opernkritiker Kai Luehrs-Kaiser über die "Aida"-Premiere an der Berliner Staatsoper. Im Saal dagegen begegnete er der Frage, wie man diese Produktion von Regisseur Calixto Bieito, in der alle Kräfte auseinander streben, überhaupt hätte rauslassen können.

Sie hat viel Geld gekostet. Kaum zu verstehen ist, dass man nach seinem schlimmen Corona-"Lohengrin" schon wieder Regisseur Calixto Bieito verpflichtet hat. Seine Karriere - viele Jahre nach der skandalumwitterten "Entführung aus dem Serail" an der Komischen Oper - funktioniert nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, inszeniert sich's völlig ungeniert. Großwild-Felle im Privat-Gelass der Aida, dazu Computerschrott sortierende Kinder an der Rampe, sollen antikolonialistische Signale einer politisch hochbewussten Inszenierung sein. Warum ständig Horror-Clowns über die Bühne wuseln, habe ich bis zum Schluss nicht erraten. Außer: Vor Clowns wird gewarnt! Die Inszenierung wirkt wie durchtelefoniert und von anderen ausgeführt. Es bleibt die übliche, fatale Steh-Oper, nur politisch imprägniert.

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Überragend

Dass es Elina Garanca gelingt, fast als Einzige den Abend zu retten, liegt daran, dass sie eine der fünf besten Sängerinnen der Gegenwart ist. Die Rolle der Amneris gilt als der seit langem angesteuerte Höhepunkt ihrer Karriere - und war als solcher von ihr geplant. Ihr Pfirsich-Mezzo vermag die herrische Pharaonentochter viel weicher, lyrischer und transparenter zu gestalten, so wie es das m.E. noch nicht gegeben hat. Überragend. Neben ihr, sehr klar und rein (wenngleich nicht immer intonationssicher): Marina Rebeka als eine Aida, die wie von Rossini unglücklich herüberverirrt klingt; zu schmal und undramatisch zumindest im Umfeld der sonstigen Sänger. Darunter, ungewohnt zähnefletschend, Gabriele Viviani als Amonasro und (immerhin:) der leicht gealterte René Pape (Ramfis).

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Undifferenziert, marktschreierisch und vulgär

Auch bei Yusif Eyvazov ist mir nicht erfindlich, warum er nach seinem breitbeinigen Calaf (in "Turandot") schon wieder engagiert werden musste. So wie er als Radamès ständig mit einer Knarre vor dem Gesicht herumfuchtelt, hält er es auch stimmlich. Eyvazov ist auf das etwas gebogene Metall seines Tenors offenbar mächtig stolz und prahlt damit in voller Überlautstärke. 'Mr. Fortissimo' singt dabei undifferenziert, marktschreierisch und vulgär. Eyvazov engagiert sich derzeit stark für die Invasion Aserbaidschans in Berg-Karabach, so dass er angeblich sogar die Proben vorübergehend verließ, um in Baku die Okkupation zu bejubeln und - im Prinzip - gegen die Armenier zu hetzen. Er ist inzwischen ein politisch problematischerer Fall als seine Gattin Anna Netrebko. Und das in einer Inszenierung, die politisch das große Wort führt. Obszön.

Pastellfarben flächig

Im Graben dirigiert Nicola Luisotti ausgleichend, aber so pastellfarben flächig, als sei's Gabriel Fauré. Dramatik, wo es sich nicht vermeiden lässt, ersetzt auch er durch pauschale Lautstärke. Der Chor wackelt. Der Staatskapelle fehlt es an diesem Abend an idiomatischen Verdi-Farben (wozu mehr dunkle Reibung gehören würde). Auf einem anderen Blatt steht, dass dies, im Hinblick auf die Berufung Christian Thielemanns als Barenboim-Nachfolger, auf absehbare Zeit wohl auch so bleiben wird.

Kai Luehrs-Kaiser, rbbKultur

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