Magdalena Kožená (© picture alliance / Photoshot / Julia Wesley/ Avalon) und Mitsuko Uchida (© Decca/Justin Pumfrey)
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Pierre Boulez Saal Berlin - Liederabend mit Magdalena Kožená und Mitsuko Uchida

Bewertung:

Ein Gipfeltreffen zweier großartiger Künstlerinnen: Die Mezzosopranistin Magdalena Kožená und die Pianistin Mitsuko Uchida treffen aufeinander mit selten zu hörendem Repertoire von Claude Debussy und Olivier Messiaen.

Wenn diese beiden Stars auftreten, können sie noch so unbekanntes Repertoire auf ihr Programm setzen – die vom Pierre Boulez Saal in den Verkauf gegebenen Karten waren vergriffen. Da macht es nichts, dass man hierzulande gerne Schubert, Schumann und Brahms in Sachen Lied hört, aber doch keine französischen Beiträge zur Liedkunst.

Es ist eben auch komplett anders: kein tiefgründelndes Ausdeuten, sondern die Kunst besteht darin, Situationen, Empfindungen, Atmosphäre zu zeichnen, eine Mischung aus Klarheit und Leichtigkeit, aus Naturschilderung und innerer Bewegtheit. Man kann zu Tode betrübt sein, muss aber immer noch ein wenig lächeln (und seine Blumen gießen). Und diese Gratwanderung beherrschen hierzulande wirklich wenige.

Magdalena Kožená © picture alliance / Photoshot / Julia Wesley/ Avalon
Bild: picture alliance / Photoshot / Julia Wesley/ Avalon

Magdalena Kožená

Sie singt nicht, sie erzählt. Sie schildert, was sie bewegt, man hat das Gefühl, sie singt nur für einen alleine. Und das hatten sicher auch alle anderen im Saal. Das ist unglaublich klar und kontrolliert. Keine falsche Sentimentalität, kein bisschen Kitsch, das schaffen wenige. Sie kann es. Als Mélisande hat sie verzaubert, und in Debussys Liedern tut sie es auch.

Fast jedenfalls, denn in den Baudelaire-Vertonungen, die eine knappe halbe Stunde dauern, macht sich eine gewisse Monotonie breit, und ihre Höhe ist inzwischen leider bisweilen brüchig, dünn und angestrengt.

Entschädigt wird man nach der Pause mit den leichteren Arietten. Das hat Esprit und Witz, da wird aus dem Schwarz-Weiß sofort ein funkelndes Farbenspielt. Das ist reinster Genuss.

Mitsuko Uchida

Wenn man noch ein Argument braucht, um das Wort "Liedbegleitung" ein für allemal zu streichen, dann war es hier Mitsuko Uchida. Sie ist eine bemerkenswerte Erscheinung. Sie huscht an den Flügel, setzt sich umständlich die Brille auf, streicht sich die Haare zurück und rückt die Noten gerade. Und dann …

Dann sitzt da ein ganz anderer Mensch. Sie entfacht am Flügel ein ganzes Orchester in leuchtendsten diamantenen Farben. Das ist mitunter dermaßen ozeanhaft, dass sie Magdalena Koženás Stimme zu überspülen droht. Macht aber nichts. Was für eine Gestaltungskraft, was für eine Persönlichkeit. Da hat man immer wieder den Atem angehalten.

Ein bisschen Messiaen

Neben Debussy gab es noch fünf frühe Messiaen-Lieder. Die hat der Komponist seiner Frau gewidmet. Oder doch der Religion? Die Texte des Komponisten von der „Verlängerung des Gatten durch die Gattin“ oder dem "Sakramentskrieger" – geschenkt. Aber klanglich haben die beiden Solistinnen musikalisch das alles vergessen lassen. Magdalena Kožená war ganz in ihrem Element, hat scharf konturierte Blitze in den Saal geschleudert, und Mitsuko Uchida hat die auch schon in diesem Frühwerk klar zitierten Vogelstimmen geradezu in die Tasten gezwitschert. Das hat Spaß gemacht.

Und auch dem Publikum. Und als Magdalena Kožená meinte, jetzt habe man genug französische Lieder gehört, hat sie noch ein tschechisches Volkslied in der Bearbeitung von Leoš Janáček gesungen. Ein schöner Kontrast, mit dem man sehr gelöst in den Abend gegangen ist.

Andreas Göbel, rbbKultur