Carl Philipp Emanuel Bach: Flötenkonzerte © Fuga Libera
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Album der Woche | 03.02. - 09.02.2025 - Carl Philipp Emanuel Bach: Flötenkonzerte

Im späten 18. Jahrhundert galt nicht Johann Sebastian Bach, sondern sein zweitältester Sohn Carl Philipp Emanuel als "der große Bach". Zu den aufregendsten Kompositionen, die dieser hinterlassen hat, zählen seine Konzerte. Der israelische Solist und Dirigent Ariel Zuckermann hat nun eine Aufnahme mit drei der sechs Flötenkonzerte herausgebracht. Mit virtuosem und schnörkellosem Spiel überzeugt er genauso wie das von ihm straff geleitete Georgische Kammerorchester Ingolstadt.

Dass er heutzutage in seinen Auftritten regelmäßig als Solist agiert, hätte sich Ariel Zuckermann vor sechs Jahren nicht träumen lassen. Der in Berlin lebende Musiker war zwar im Teenageralter zum Flötenstudium aus Tel Aviv nach München gekommen. Doch längst hatte er das Instrument weitgehend zugunsten des Taktstocks aus der Hand gelegt. Ab und an spielte er zwar noch seine goldene Flöte, wie seit 20 Jahren. Doch das Spiel auf ihr empfand er als langweilig und seelenlos.

Unerwartete Ereignisse

Dann wurde diese Flöte auf einer Portugal-Tournee gestohlen, was Zuckermann als "Befreiungsschlag" deutet. Und hinzu kamen die Einschränkungen der Corona-Pandemie, die er als Segen empfand. Die brachte ihm nicht nur Muße, sondern er hatte erstmals seit vielen Jahren eine Menge Zeit zum Üben. Er nutzte sie, um sich an eine Flöte aus Palisanderholz zu gewöhnen, die er von seinem alten Lehrer in Israel erworben hatte. Bei seiner "Flöten-Renaissance" fand er wieder Spaß an dem Instrument und am Üben.

Charaktervoll

"Die Holzflöte ist ein bisschen dicker, man muss sich erst daran gewöhnen, sie zu halten. Aber sie hat eine große Palette von Klängen, Lautstärken und Möglichkeiten – nur, die muss man sich erarbeiten. Man kann auf ihr wirklich alles spielen, aber es ist nicht so einfach", schwärmt Ariel Zuckermann. Ihr charaktervoller Klang kommt dem nahe, den historische Traversflöten produzieren. Und er passt gut zu Kompositionen aus dem 18. Jahrhundert, und damit auch zu den Sturm-und-Drang-Konzerten von Carl Philipp Emanuel Bach.

Ariel Zuckermann, Dirigent © Nikolaj Lund
Ariel Zuckermann | Bild: Nikolaj Lund

Alter Traum

Es sei schon früher sein Traum gewesen, diese technisch anspruchsvollen Werke zu spielen und aufzunehmen, erklärt der 51 Jahre alte Musiker. Sein Urteil über die Konzerte in a-Moll, d-Moll und G-Dur, die er aufgenommen hat: "Knackig, extrem, immer wach, die Musik ist verrückt und unberechenbar und zugleich mit viel Sinnlichkeit. Die Stücke sind extrem zu spielen und extrem zu hören, aber sie bringen etwas rüber und das ist faszinierend."

Außergewöhnliches

Eigentlich spielt Ariel Zuckermann alle diese Konzerte gleich gern, doch einzelne Sätze sind ihm doch stärker im Gedächtnis geblieben:

"Der 2. Satz aus dem G-Dur-Konzert ist eine Art Arie, wie sie selten zu hören ist. Und der 1. Satz aus dem a-Moll-Konzert, das man weniger kennt, hat so etwas Eklektisches – die Flöte spielt so ein bisschen fein dahin, und plötzlich gibt es ganz abrupte Momente vom Orchester. Das ist nicht nur für die Flöte kompliziert, sondern auch für das Orchester. Das ich nicht so ein normales Konzert, in dem es einfach so umpa-umpa begleitet. Es ist wirklich ein Gespräch."

Kongenial

Als Dirigent treibt Zuckermann das Georgische Kammerorchester Ingolstadt teilweise zu rasanten Tempi an, die das 20 Mitglieder umfassende Ensemble aber problemlos und äußerst präzise meistert. Der Solist überzeugt derweil mit schnörkellosem Flötenspiel, das ohne Vibrato auskommt und sich damit stark der historischen Aufführungspraxis annähert.

Georgisches Kammerorchester Ingolstadt © Andi Frank
Georgisches Kammerorchester Ingolstadt | Bild: Andi Frank

Entwicklung

Seit drei Jahren ist Zuckermann der Künstlerische Leiter des Orchesters in der oberbayerischen Autostadt. Und dies bereits zum zweiten Mal, denn von 2007 an war er dort schon einmal Chefdirigent gewesen. Da man damals im Guten auseinandergegangen war, kontaktierten ihn die Ingolstädter Verantwortlichen erneut. Und diese haben mit dem Orchester noch viel vor. Die Verbindung nach Georgien, von wo es 1990 zugewandert war, wird sukzessive aufgelöst, auch eine höhere Einstufung hat man erreicht und das Ensemble wurde verjüngt. Und von der kommenden Saison an trägt es den Namen Kammerphilharmonie Ingolstadt.

Kontinuität

Nur der bedingungslose Einsatz der Musiker und der gemeinsame stilistische Ansatz sollen unbedingt bleiben, hofft Ariel Zuckermann. "Das bedeutet einfach, dass jede Note wichtig ist. Die Leute im Orchester spielen immer noch wie um Leben und Tod. Und die Energie auf der Bühne ist einzigartig.“

Rainer Baumgärtner, radio3

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