
Album der Woche | 07.04. - 13.04.2025 mit Verlosung - Septets – Beethoven & Kreutzer
In Coronazeiten bekam die Geigerin Franziska Hölscher den Auftrag, ein kammermusikalisches Meisterwerk für eine nicht zu große Gruppe zu erarbeiten. Mit dem Klarinettisten Sebastian Manz entschied sie sich für eine seltene Besetzung. Sie formte ein Septett und führte es nicht nur auf eine bejubelte Tournee, sondern in tiefe Forschungsarbeit. Jetzt, drei Jahre später, hat die Gruppe aus vier Streichern und drei Bläsern ihr erstes Album aufgenommen. Darauf das berühmte Beethoven-Septett und eine frühromantische Entdeckung: das Septett von Conradin Kreutzer.
Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass, dazu Klarinette, Horn und Fagott – das war die Besetzung, die Ludwig van Beethoven in seinem umfangreichsten Kammermusikwerk zusammengeführt hat. Die Komposition erklingt häufig als Höhepunkt von Kammermusikfestivals, mit Solisten, die ihre besondere Farbe einbringen – aber selten wie ein wirklich eingespieltes Ensemble wirken.
Mission Impossible
Eigentlich sei es unmöglich, sieben hochklassige Solistinnen und Solisten dauerhaft in einem Ensemble zusammenzubringen, sagt die Geigerin Franziska Hölscher. Denn es gibt eigentlich kaum Literatur für vier Streicher und Klarinette, Horn und Fagott. Im Grunde nur Ludwig van Beethovens berühmtes Septett.
Spitzen-Septett
Mit dem Klarinettisten Sebastian Manz, dem Hornisten Felix Klieser und dem Fagottisten Theo Plath fand die in Berlin lebende Geigerin ein Bläsertrio der Spitzenklasse. Mit Andrei Ionită am Cello und Dominik Wagner am Kontrabass kamen experimentierfreudige tiefe Streicher dazu und mit Haesue Lee eine Bratschistin, die das perfekte Septett komplett machte. Schon bald wussten die Sieben: Sie wollten mehr als nur schnellen Konzerterfolg. Sie wollten tiefer hineingraben in Beethovens Septett. Der war damals erst 29 und nannte es "seine Schöpfung", eine Anspielung ans Werk seines Lehrers Joseph Haydn.
Extrem
Auf jegliche Weise wollten die Sieben das Septett erforschen und sich Fragen stellen, die Spontan-Ensembles etwa in der Kürze einer Festivalbegegnung nie lösen können. "Uns ging es auch um eine Art von kompromissloser Herangehensweise. Wir sind große spielerische Risiken eingegangen. Zum Beispiel bei Beethovens viel diskutierten Tempi. Wir wollten wirklich in die Substanz gehen und überlegen: Was wollte Beethoven wirklich damit aussagen?"
Die Sieben kamen immer wieder zu dem Schluss, dass Beethoven, selbst in diesem Frühwerk, schon extrem sein wollte.
Leicht und gleichzeitig wuchtig
Auf dieser Aufnahme will sich das Septett eindeutig positionieren, einen schmalen Grat zeigen, sagt Hölscher: "Zum einen haben wir in diesem Frühwerk irgendwie noch dieses Serenadenhafte, diese Leichtigkeit. Aber trotzdem schimmert da schon dieser wuchtige Beethoven mit durch. Diese Kraft zu entwickeln, diese Kompromisslosigkeit und trotzdem noch eine gewisse Leichtigkeit mit ins Spiel zu bringen, das war uns, glaube ich allen, ganz besonders wichtig."
Scherzo
Leichtigkeit ist auch der Schlüssel zu Beethovens Humor. Selbst versteckte Pointen versteht das Ensemble zutage zu fördern. "Zum Beispiel der Variationssatz ist ja mit wahnsinnigem Schalk geschrieben und hintergründigem Witz und Keckheit und Frechheit. Stellen Sie sich vor, man sitzt sieben Stunden im Studio und das fünf Tage hintereinander. Und trotzdem muss man aber dieses Lächeln und diese Spielfreude und diese Unbekümmertheit aufs Band bringen. Das war schon eine Herausforderung." Man spürt in der Aufnahme, wie sehr das Werk und damit auch die sieben Musiker zu einer Kammermusikgruppe zusammenwachsen durften.
Frühromantische Entdeckung Conradin Kreutzer
Neben dem vollkommenen musikalischen Aufeinander-Einlassen wird der Forscherdrang des Septetts im zweiten Werk auf der CD sichtbar. Conradin Kreutzer schreib sein "Grand Septet" gut 30 Jahre nach Beethoven, 1832 wurde es verlegt. Kreutzer, der heute allenfalls Spezialisten als Opernkomponist bekannt ist, schrieb für dieselbe Besetzung wie sein Vorbild, in derselben Tonart – und emanzipierte sich. "Er traut sich immer mehr, auch seine eigene Persönlichkeit mit reinzubringen. Das ist eigentlich das Faszinierende, einfach zu sehen: Da ist jemand, der einem großen Vorbild nacheifert, aber der sich dann löst und eben die eigene Note mit reinbringt. Und insofern kann ich nur eine Lanze für diesen Komponisten und das Stück brechen."
Grand Septet zum Beethoven-Jahr
Drei verlegte Fassungen von Kreutzers Septett durchforsteten Franziska Hölscher und ihre Mitmusiker, fanden zu einer schlüssigen vierten, die sie bald auch als Partitur herausgeben wollen. Eine wirkliche Entdeckung, die hoffentlich bald als krönendes Werk für Kammermusikfestivals auch von anderen entdeckt wird. 2027 ist Beethovens 200. Todesjahr. Franziska Hölscher und ihr Septett sind vorbereitet.
Julia Kaiser, radio3