Leading Bassoon; © Es Dur
Es Dur
Bild: Es Dur

Album der Woche | 25.11. - 02.12.24 - Emanuel Blumin-Sint: Leading Bassoon

Glitzernde Nachtfalter, ein wundersamer, alter Garten und eine Hommage an Chopin: Die Berliner Pianistin Adriana von Franqué versammelt ein anregendes Programm auf ihrer Debüt-CD mit Werken u.a. von Maurice Ravel, Lili Boulanger und Simon Laks. Wir verlosen mehrere Exemplare von "Filigrane".

"Was ist denn das für eine komische Flöte?" – Diese Frage begegnet dem Fagottisten Emanuel Blumin-Sint gerne mal am Flughafen. Auch bei Konzerten wurde er immer wieder darauf angesprochen, dass er so schön Oboe oder Flöte gespielt habe. Und so hat er beschlossen, sein Instrument, das Fagott bekannter zu machen. Möglichst viele Facetten möchte Emanuel Blumin-Sint auf seinem Debüt-Album "Leading Bassoon" zeigen. Ermöglicht wurde die Produktion durch den Fanny Mendelssohn Förderpreis, mit dem Emanuel Blumin-Sint in diesem Jahr ausgezeichnet worden ist.

Umgeben von Musik

Vor 10 Jahren hat der heute 21 Jahre alte Musiker das Fagott für sich entdeckt. Der lebhafte Klang hat ihn sofort fasziniert, vor allem die Mittellage und die tiefen Frequenzen des Instruments. Und er war anfangs überrascht von der Größe – zu Beginn war Emanuel Blumin-Sint nämlich noch kleiner als sein Fagott.

Aufgewachsen ist er als Sohn der Konzertpianistin Elisaveta Blumina und erzählt: "Musik war ständig in meinem Leben. Ich bin auch sehr viel herumgereist als Kind, meine Mutter hat mich überall mitgenommen. Und ich konnte dann auch die Noten umblättern und auch bei jedem Konzert dabei sein."

Zusammenarbeit mit Valentin Silvestrov

Auf Reisen und im Elternhaus in Irland begegnet er Musikerinnen und Komponisten, darunter Valentin Silvestrov. In Berlin treffen sie sich wieder, hierhin ist der ukrainische Komponist nach dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs aus Kiev geflohen.

"Und da habe ich ihm auch das Fagott gezeigt als Soloinstrument, was er nicht wirklich, also sogar als Komponist, nicht wirklich kannte. Und er war fasziniert und beschloss dann das Stück, das er während seiner Flucht geschrieben hatte, für Fagott zu komponieren."

In Valentin Silvestrovs Stück Hymne ist Emanuel Blumin-Sint an gleich zwei Instrumenten zu hören: Er sitzt mit dem Fagott am Klavier. "Ich spiele mit der linken Hand ein tiefes Register auf dem Klavier und dann wechsel ich schnell auf das Fagott. Und dann kommt die Klaviermelodie vor und dann wieder das Fagott."

Intuitives Fagottspiel

Valentin Silvestrovs Hymne ist eines von sieben Stücken auf Emanuel Blumin-Sints Debütabum. Auch wenn es sehr virtuos wird, steht die Artistik, das zur Schau stellen von technischen Fertigkeiten nie im Vordergrund. Emanuel Blumin-Sint spielt schon jetzt mit einer Lässigkeit, nach der andere ein ganzes Musikerleben lang streben. Atmung und Phrasierung wirken bei ihm unglaublich intuitiv, genussvoll setzt er Schlusspunkte und hält auch Stille aus.

Neben Maurice Allards Variationen über das ikonische Thema von Niccolo Paganini der 24. Caprice für Solo-Violine, ist auch ein eigenes Stück des sogenannten Teufelsgeigers zu hören. Die Caprice Nr. 5, bearbeitet für Solo-Fagott, Emanuel Blumin-Sints Lieblingsstück auf dem Album.

"Das ist ein technisch sehr schwieriges Stück. Ich habe mir das auch ausgesucht, weil ich zeigen wollte, wie das Fagott klingt, in einer technisch sehr schwierigen Situation und die meisten kennen das nur von der Geige und bei den Holzblasinstrumenten kennen sie es vielleicht von der Flöte, die das öfter spielt."

"In Memory of Mara Mednik"

Nicht nur Emanuel Blumin-Sints Mutter, auch seine im März verstorbene Großmutter Mara Mednik spielt eine wichtige Rolle für seinen musikalischen, aber auch persönlichen Werdegang. Ihr hat er sein Debütalbum gewidmet.

"Sie war eine große Inspiration für mich und auch einfach vom Charakter, von der Persönlichkeit her. Sie hatte auch die Blockade in Leningrad überstanden, war eine Holocaust-Überlebende und kam nach Deutschland mit praktisch gar nichts. Und sie wurde Kammermusik-Professorin an der Hanns Eisler, auch in Hamburg und in Rostock. Und wieso ich heute auch Musik mache, verdanke ich ihr und meiner Mutter."

Das Fagott im Duo

Für das 6. Stück der Bachianas Brasileiras von Heitor Villa-Lobos hat sich Emanuel Blumin-Sint den Flötisten Matvey Demin und für ein weiteres Duo von Wolfgang Amadeus Mozart den Cellisten Alexey Stadler dazugeholt.

"Wenn ich das rumerzähle, dass es ein originales Stück für Fagott und Cello gibt von Mozart, dann sind die meisten auch sehr überrascht. Es ist auch schön, dass also zwei tiefe Instrumente zusammenspielen. Das gibt es auch nicht sehr oft und ich finde, das passt sehr schön in diesem Stück."

Emanuel Blumin-Sint löst das Titelversprechen „"Leading Bassoon" auf eindrucksvolle Weise ein. Er liefert überzeugende Interpretationen, hat eine spannende Werkauswahl getroffen und zeigt auch die humorvolle Seite seines Instruments. Valentin Silvestrov und Yuri Povolotsky sind sicherlich nicht die letzten Komponisten, die das Fagott-Repertoire für diesen Ausnahmemusiker erweitern.

Kamilla Kaiser, radio3