Claire Huangci: Made in USA; © Alpha Classics
Alpha Classics
Bild: Alpha Classics

Album der Woche | 04.11. - 10.11.2024 - Claire Huangci: Made in USA

Amerikanische Alben scheinen derzeit bei Solisten en vogue zu sein: Der Pianist Daniil Trifonov hat gerade "My American Story – North" herausgebracht, das Album "American Road Trip" des Geigers Augustin Hadelich war kürzlich erst "Album der Woche" auf radio3. Und die amerikanische Pianistin Claire Huangci räkelt sich auf dem Cover ihres neuen Albums unter einem Flügel mit den weißen Klaviertasten, während ihr neckisches Oberteil vor blauem Hintergrund rot leuchtet. Ohne Zweifel: Auch hier kommt Musik aus der "Neuen Welt", den Vereinigten Staaten von Amerika, wo sich diese Woche entscheidet, wer ins Weiße Haus einziehen wird.

"Made in USA", das ist nicht nur der Titel des neuen Albums von Claire Huangci, sondern trifft auch auf die Pianistin selbst zu. Die gebürtige Amerikanerin hat in Philadelphia am Curtis-Institute Musik studiert, wo ein Fokus der Lehre auf American Classics lag. Jetzt hat sie ihren Traum verwirklicht, tiefer nach ihren musikalischen Wurzeln zu graben, auf der Suche nach dem Klang amerikanischer Musik.

"Es gibt darauf wirklich keine eindeutige Antwort, sondern jeder amerikanische Komponist hat natürlich sehr viele Einflüsse mitbekommen von den alten europäischen Klassikern, aber dann auch ein bisschen diesen ganz innovativen frischen Wind gegeben, also für jeden ist das dann einzigartig", sagt sie.

Den frischen Wind hört man hier in der Tat, wenn Claire Huangci beherzt Gershwins "Rhapsody in blue" spielt, eine Komposition, die in diesem Jahr 100 Jahre alt wird.

Amy Beach als Herzstück des Albums

Claire Huangci feiert auch die Pianistin und Komponistin Amy Beach, deren Biografie durchaus Parallelen zu der Clara Schumanns aufweist. Ihre Variationen über Balkan-Themen bilden das Herzstück des Albums "Made in USA".

"Diese Musik hat so viel Hauch von Chopin, von Schumann von Brahms. Das ist wirklich Romantik und hat eine gewisse Gravität. Es gibt Variationen, die sind echte Ohrwürmer. Sie haben auch eine politische Botschaft, denn die kommen von Balkanthemen und Balkanthemen sind Berglieder."

Samuel Barbers einzige Klaviersonate

Auf dem Album findet sich auch Samuel Barbers einzige Klaviersonate, bei der Huangci ihre große Virtuosität zeigt.

Als Samuel Barber sein bedeutendstes Klavierwerk komponierte, hatte auch der Pianist Vladimir Horowitz seine Finger im Spiel, wie Claire Huangci erzählt: "Barber hat mit ihm vorher viel kommuniziert. Er hatte am Anfang vor, nur drei Sätze zu komponieren, und Horowitz hat gesagt: 'Nein, also bitte mach einen richtig virtuosen Schlusssatz!' Und dann kam diese wilde Fuge am Ende. Und nach der Uraufführung hat Barber gesagt: 'Oh ja!'. Er war total schockiert, er hat das nicht erwartet und hat fast ungläubig gesagt: 'Also soo gut kann mein Stück klingen!' (lacht). Das ist wunderbar – und na klar, die Fuge ist der Höhepunkt des Stückes, aber das ganze baut sich auf, auf diesen Moment auf."

Gershwin als Anfang und Ende

Made in USA beginnt mit George Gershwins Signature-Komposition "Rhapsody in blue", und endet mit "Sieben virtuosen Etüden nach Gershwin" von Earl Wild. Der Komponist, Dirigent und Pianist gilt als einer der technisch versiertesten überhaupt. Wild war im Jahr 1939 der erste, der einen im US-Fernsehen übertragenen Klavierabend gab. Bekannt wurde er durch den Solopart von "Rhapsody in blue" in einer Rundfunkübertragung unter Arturo Toscanini. Auf dem Album finden sich so bekannte Gershwin-Songs wie "I got Rhythm" und "The Man I Love" als Version von Earl Wild. Claire Huangci:

"Earl Wild war natürlich sehr bekannt für seine Gershwin-Interpretationen. Und ich finde sogar, seine Interpretation von Gershwins 'Rhapsody in blue' mit Orchester, ist eine der besten. Denn er hat diesen bestimmten Blues-Charakter. Sein Klang ist auch so warm. Ich fühle mich wie in einer Bar, in der es dunkel ist, sehr warm, es gibt ein bisschen Rauch vielleicht und wir sind leicht beschwipst. Und dann mit dieser Musik. Das passt super."

Claire Huangci, Pianistin © Jean-Baptiste Millot
Bild: Jean-Baptiste Millot

Musikalische Schätze entdecken

Aufgenommen wurde "Made in USA" in Hannover, wo Claire Huangci auch an der Musikhochschule studiert hat, als sie im Jahr 2007 nach Deutschland zog. Herausgekommen ist ein optimistisches schwungvolles Album, das gute Laune macht, mit Musik, die auch 100 Jahre später absolut frisch und modern klingt. Es ist ein wilder Ritt durch American Classics, der großen Spaß macht und dazu einlädt, musikalische Schätze zu entdecken.

Anne Spohr, radio3