Sachbuch - Kordula Knaus: "Musikgeschichte Barock"
Derzeit arbeitet der Bärenreiter-Verlag an einer neuen Musikgeschichte in fünf Bänden. Aktuell ist der von der Musikwissenschaftlerin Kordula Knaus verfasste Band zur Barockmusik erschienen.
Der neuen Reihe der Musikgeschichte im Bärenreiter-Verlag gelingt es Band für Band, auf jeweils kaum mehr als zweihundert Seiten Wesentliches zusammenzufassen, auch natürlich immer auf der Basis des aktuellen Forschungsstandes.
Das betrifft alle zuvor erschienenen Bände über Klassik, Romantik und Moderne und jetzt auch die neue Veröffentlichung über die Barockzeit (Mittelalter und Renaissance steht noch aus) – auch weil man weit über das rein Musikalische hinausgeht und die Frage stellt, wo, wie und warum etwas entstanden ist.
Exemplarische Beispiele
Ein Nachschlagewerk ist das Buch im engeren Sinne nicht – hier geht es mehr um grundsätzliche Zusammenhänge. So gibt die Autorin ziemlich zu Beginn ein Kapitel zum kulturellen und geistesgeschichtlichen Hintergrund.
Insgesamt werden zwar einzelne Werke exemplarisch analysiert, dies allerdings stellvertretend, etwa die Monteverdi-Oper "L’Orfeo" für die neue Form der Musikdramatik am Beginn des 17. Jahrhunderts, aber auch ein Flötenkonzert von Telemann, das als Einzelwerk vielleicht nicht so wichtig ist, aber den Komplex der Nationalstile überzeugend illustrieren kann.
Crashkurs in kompakter Form
Das ist auch ohne allzu große musikalische Vorkenntnisse verständlich – geht es hier doch um ein Verständnis für einen Zeitabschnitt heterogenster Ausprägungen, um die Möglichkeit, die Bedeutung der vielschichtigen Musikformen einordnen und aus heutiger Perspektive verstehen zu können.
Bemerkenswert ist auch diesmal die Informationsfülle, die auf diesen wenigen Seiten nicht nur gut sortiert, sondern auch klar und prägnant formuliert dargestellt wird. Ein Crashkurs in Sachen Barockmusik.
Gelebte Praxis
Besonders erfreulich ist das Schlusskapitel der historisch informierten Aufführungspraxis. Auch zu diesem Thema gab es zuvor natürlich bereits etliche Arbeiten, aber die wichtigsten Aspekte werden auf nur zwölf Seiten kompakt angerissen und geordnet: Besetzung, Stimmung, Instrumentenbau, Musizierpraxis, Quellenlage …
Das ist in dieser Kürze und Prägnanz brillant. Und ein schönes Fazit enthält das Kapitel und damit das Buch ebenfalls: "Musik ist und bleibt gelebte Praxis, und bei jeder Aufführung von Musik aus der Barockzeit werden ästhetische Entscheidungen im Hier und Jetzt getroffen."
Andreas Göbel, rbbKultur