Der Schatten von Caravaggio © Wild Bunch Germany
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Historiendrama - "Der Schatten von Caravaggio"

Bewertung:

Er gehört zu den Publikumslieblingen in der Berliner Gemäldegalerie – der "Amor als Sieger" von Caravaggio. Nun ist der lachende Liebesgott mit Pfeil und Bogen auch im Film zu sehen. Caravaggio gilt als Erfinder der Hell-Dunkel-Malerei und ist einer der geheimnisvollsten Künstler des italienischen Barock. Schon 1986 hat der englische Filmregisseur Derek Jarman ein zeitgenössisches Porträt des Malers gedreht. Der italienische Schauspieler und Regisseur Michele Placido hat jahrelang davon geträumt, das Leben des Malers zu verfilmen. Jetzt kommt sein Historiendrama "Der Schatten des Caravaggio" in unsere Kinos.

Bis heute fasziniert die Biografie von Michele Merisi, der nach seiner Heimatstadt Caravaggio genannt wurde. Ein Leben voller Drama, Gewalt, Zorn und Mitgefühl. Und ein Leben voller Geheimnisse. Zwar existiert eine Fülle von amtlichen Dokumenten - Polizei- und Gerichtsprotokollen über Gewalttaten, Streitigkeiten und die dazugehörigen Urteile - unklar aber bleibt, wie nah sie der Wirklichkeit kommen.

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Der Schatten

Klug führt der Film eine fiktive Figur ein, die mehr über den Maler erfahren will: den Schatten von Caravaggio. Der namenlose Geheimdienstmann untersucht im Auftrag der Inquisition Werk und Leben des Künstlers.

Der Film beginnt im Jahr 1609, Caravaggio musste Rom verlassen. Jetzt bittet er um Begnadigung, damit er zurückkehren kann. Der Schatten, Louis Garrel als undurchdringlicher Inquisitor ganz in Schwarz, verhört für die katholische Kirche Caravaggios Freunde, Bekannte und Unterstützerinnen. Auch Costanza Colonna, die Michele Merisi schon als Kind förderte.

Caravaggio - ein Getriebener mit vulkanischem Temperament

Isabelle Huppert spielt die adelige Mäzenin als eine extravagante Frau, die dem deutlich jüngeren Maler verfallen ist. Riccardo Scarmacio als Caravaggio ist in dem Film ein Getriebener, der sich von seinen Affekten leiten lässt: Wut, Begehren und Liebe. Inspiration sucht er in der Gosse oder bei der Armenspeisung. Straßenkinder und Prostituierte stehen bei ihm Modell für Heilige oder den frechen Liebesgott, "Amor als Sieger". Michele Placido, der Regisseur selbst, spielt den frühesten Förderer von Caravaggio, den Kardinal del Monte.

Hell und Dunkel

Der Maler mit dem vulkanischen Temperament verbringt Stunden damit, das Elend zu studieren und die bis dahin starre Bildsprache der sakralen Szenen in Bewegung aufzulösen, in Szenen der Gewalt oder in den Moment der Verwandlung. Seine Bilder sind Vorläufer des Films. Sie positionieren ihre Gegenwart zwischen Hell und Dunkel. Der Kameramann Michele D’Attanasio empfindet den Ursprung dieser Kunst aus der Finsternis von Armut und Kerker nach. Er zeigt das dunkle, dreckige Rom fest im Griff der katholischen Kirche mit ihrem purpurnen Prunk.

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Ein spannender Film

Manchmal verliert man den Überblick über die Vielzahl der Personen. Manches wirkt anekdotisch. Aber Regisseur Michele Placido inszeniert nachvollziehbar die Entstehung der Werke. Da birgt Caravaggio die Prostituierte Anna, gespielt von Isabelle Hupperts Tochter Lolita Chammah, nach ihrem Selbstmord aus dem Tiber. Dann malt er die Tote als Jungfrau Maria. Die Reaktion der Kirche: Das Bild muss weg.

Peter Paul Rubens erkennt die Meisterschaft und kauft das Gemälde für den Herzog von Gonzaga. Heute hängt es im Pariser Louvre. Der spannende Film macht Lust, die Bilder von Caravaggio wieder zu sehen – in ihrer Zweideutigkeit und in ihrer Zerrissenheit.

Simone Reber, rbbKultur