Die Debatte mit Natascha Freundel, Marko Martin und Michael Roth -
"Der Mittelweg ist der Tod." (Michael Roth)
"Eine kleine Sternstunde dieser Demokratie in dunkler Zeit" (Zeit) war es für die einen, für andere ein "Eklat" (Tagesspiegel). Bei der Gedenkveranstaltung zum 35. Jahrestag des Mauerfalls im Schloss Bellevue sprach der Schriftsteller und Essayist Marko Martin von deutsch-deutscher "Geschichtsvergessenheit". Er pries die polnische Freiheitsbewegung Solidarność und kritisierte "Lebenslügen und Verdrängungen" bei deutschen Politikern, nicht zuletzt dem Hausherrn: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Martin forderte eine Debatte zum "Erkenntnis-, Handlungs- und Ehrlichkeitsdefizit West" in Sachen Russland, Ukraine und Nato. Eine öffentliche Reaktion des Bundespräsidenten blieb aus. Der SPD-Politiker und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Michael Roth aber kontaktierte Marko Martin sofort. Hier treten sie in einen Gedankenaustausch über die Ostpolitik der SPD, dissidentisches Denken und die Rolle Deutschlands in Europa.
Marko Martin, geboren 1970 in Burgstädt/Sachsen, erhielt in der DDR aus politischen Gründen Hochschulverbot. Im Mai 1989 reiste er als Kriegsdienstverweigerer in die Bundesrepublik aus und studierte an der FU Berlin Germanistik, Politikwissenschaft und Geschichte. Er arbeitet heute als freier Autor in Berlin. Seine essayistischen Reiseberichte erzählen von Begegnungen und Begehren in Tel Aviv und Teheran, Hongkong und Habana. Seine literarischen Streifzüge führen durch die israelische und osteuropäische Literatur, u.a. "Dissidentisches Denken. Reisen zu den Zeugen eines Zeitalters" (Die Andere Bibliothek, 2019) und "Brauchen wir Ketzer?" (Arco Verlag 2022). Sein jüngstes Buch ist "Und es geschieht jetzt. Jüdisches Leben nach dem 7. Oktober" (Tropen Verlag, 2024). Der Bundespräsident hat Marko Martins Rede im Schloss Bellevue zum 35. Jahrestag des Mauerfalls online gestellt: https://www.youtube.com/watch?v=2IkpAgxFwhE
Michael Roth, geboren 1970 in Heringen/ Werra, ist seit 1998 direkt gewählter SPD-Bundestagsabgeordneter für Hersfeld-Rotenburg und den Werra-Meißner-Kreis und seit 2021 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Er hat Politologie, Öffentliches Recht, Germanistik und Soziologie an der Goethe-Uni in Frankfurt/M. studiert, am dortigen Institut für Nordamerikaforschung mitgearbeitet und Politikwissenschaften an der FU Berlin gelehrt. Seit 1987 ist er Mitglied der SPD. Er war Juso Bundesvorsitzender, 2017 bis 2023 im SPD-Parteivorstand und 2021 bis 2023 Präsidiumsmitglied der SPD. 2012 bis 2021 war er Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt sowie Beauftragter für die deutsch-französische Zusammenarbeit. In seiner Partei und in der öffentlichen Debatte spricht sich Roth für eine starke Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen den Aggressor Russland aus. Im März 2024 gab er seinen Rückzug aus der aktiven Politik zum Ende der Legislaturperiode bekannt.