Auf einem Smartphone ist die Wahlentscheidungshilfe Wahl-O-Mat aufgerufen worden. © IMAGO / Hanno Bode
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Die Debatte mit Ann Kristin Schenten, Miriam Hartlapp und Vassili Golod - Die Europawahlen zwischen Rechtsruck und Ukrainekrieg

"Frieden darf nicht als populistisches Schlagwort missbraucht werden." Vassili Golod

Vom 6. bis 9. Juni sind rund 350 Millionen EU-Bürger zur Europawahl aufgerufen. Sie wählen ein Parlament, das die komplexe Aufgabe hat, Nationalstaats- und Parteiinteressen zusammenzudenken, sagt die Politikwissenschaftlerin Miriam Hartlapp. Doch im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine fehle eine gemeinsame Linie, meint der Ukraine-Korrespondent der ARD, Vassili Golod. Nach der Wahl könnte das Europaparlament weiter nach rechts rücken, was das für die Europäische Union und die Ukraine bedeutet, diskutieren beide in dieser Ausgabe des "Zweiten Gedanken."

Die Menschen hier fragen sich, wenn sie ins Bett gehen: 'Wird mich eine Drohne oder eine Rakete treffen? Muss ich mit meinen Kindern in die U-Bahn oder in den Keller laufen? Wie wird dieses Land wirtschaftlich überstehen? Wie soll man Getreide exportieren, wenn man Angst haben muss, beschossen zu werden?' Hier fliegen keine Flugzeuge seit mehr als zwei Jahren, weil das Einzige, was fliegt, Drohnen und Raketen sind. Das ist die Lebensrealität in der Ukraine. Natürlich wünscht man sich hier ein liberales Europa, dessen Teil man dann auch irgendwann selber wird als Teil der Europäischen Union. Aber jetzt ist die zentrale Frage: Wer liefert was, wer unterstützt wie? Und das nicht nur mit Worten, sondern mit Taten.

Vassili Golod

Die Unterstützung der Ukraine ist von Ursula von der Leyen als zentrales, normatives Thema der EU aufgestellt worden. Damit versucht sie, zwischen denen in den rechtspopulistischen Fraktionen zu unterscheiden, die als Mehrheitsbeschaffer legitim sind. Aber dabei fällt ganz viel hinten runter. Nämlich andere Grundwerte der EU. Wenn wir auf Asyl- und Migrationspolitik schauen oder auf Fragen der Rechtsstaatlichkeit. Giorgia Meloni baut in Italien gerade diesen Staat zu neofaschistischen Strukturen um. Will man das wirklich? Will man wirklich mit diesen politischen Akteuren gemeinsam Politik machen?

Miriam Hartlapp
Miriam Hartlapp (© Bettina Ausserhofer) und Vassili Golod (© WDR/Nils vom Lande)
Miriam Hartlapp und Vassili GolodBild: Bettina Ausserhofer | Nils vom Lande

Gäste

Miriam Hartlapp, geboren 1975 in Bonn, ist Professorin für vergleichende Politikwissenschaft: Schwerpunkt Deutschland & Frankreich an der Freien Universität Berlin. Dort leitet sie drei deutsch-französische Doppeldiplom Studiengänge mit Sciences Po Paris und HEC Paris. Sie forscht und lehrt zu Europäischer Integration und vergleichender Politikwissenschaft und interessiert sich besonders für Fragen von Macht, Polarisierung und Konflikt im EU-Mehrebenensystem, Wirtschafts- und Sozialintegration sowie Repräsentation in politischen Institutionen.

Vassili Golod, geboren 1993 in Charkiw, ist seit 2022 Ukraine-Korrespondent der ARD und leitet seit 2023 das crossmediale Studio in Kyjiw. Zuvor war er Reporter, Redakteur und Chef vom Dienst im WDR-Newsroom und ARD-Korrespondent in London. Gemeinsam mit Jan Kawelke moderiert er den Podcast "Machiavelli – Rap & Politik".