Abtreibungsbefürworter und Befürworterinnen demonstrieren in München © picture alliance/ SZ Photo/ Robert Haas
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Die Debatte mit Ann Kristin Schenten, Valentina Chiofalo und Rita Waschbüsch - Schwangerschaftsabbruch - Besser selbstbestimmt?

"Die Natur hat die Grenzen der Selbstbestimmung gezogen". Rita Waschbüsch

Seit Jahrzehnten wird über eine mögliche Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen diskutiert. Vor wenigen Wochen hat eine Expertenkommission der Bundesregierung empfohlen, Abbrüche in der Frühschwangerschaft zu entkriminalisieren.

Bisher ist der Schwangerschaftsabbruch der einzige medizinische Eingriff, der im Strafgesetzbuch geregelt ist. Eine Tatsache, die bei Schwangeren zu Scham und Schuldgefühlen führt, sagt die Juristin Valentina Chiofalo. Sie empfiehlt, Abbrüche außerhalb des Strafrechts zu regeln.

Die CDU-Politikerin Rita Waschbüsch hingegen hat in den 1990ern mit anderen Katholiken die Schwangerenkonfliktberatung "Donum Vitae" gegründet. Die Beratung sei essentiell. Eine Liberalisierung des § 218 hält sie für gefährlich.

Ich kann mir nicht anmaßen, die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch zu kommentieren. Ich kann nicht in eine Person reinschauen und wissen, wie es ihr mit einer Schwangerschaft geht. Unabhängig von einem Befund muss die Person individuell eine Entscheidung treffen. Ich finde, dass der Staat dabei relativ wenig mitzusprechen hat.

Valentina Chiofalo

Die Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs ist keine Hilfe für die Frauen, sondern eine Hilfe für Männer, die nicht an der Seite der Frauen stehen, wenn sie schwanger sind. Wenn so getan wird, als sei das immer eine Frage der Selbstbestimmung der Frau, dann ist es falsch. Die Frauen werden mit der Liberalisierung im Grunde freigestellt für die Männer zur Ablehnung des Kindes. Darunter leiden sie.

Rita Waschbüsch
Valentina Chiofalo (© privat) und Rita Waschbüsch (© picture alliance/ BeckerBredel/ JENNIFER SIEGLER)
Valentina Chiofalo und Rita WaschbüschBild: privat | picture alliance/ BeckerBredel/ JENNIFER SIEGLER

Gäste

Valentina Chiofalo, geboren 1991, ist Rechtsreferendarin am Kammergericht Berlin und Doktorandin an der Freien Universität Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Verfassungsrecht, Europarecht und feministische Rechtswissenschaft. Sie war Co-Herausgeberin und Autorin des OpenRewi Lehrbuchs "Staatsorganisationsrecht" sowie eines Schwerpunkthefts in der Kritischen Justiz zu "Reproduktiven Rechten" (gemeinsam mit Eva Maria Bredler, 1/2023). Die Publikationen umfassen außerdem unterschiedliche Verfassungsblog-Beiträge, die sich im Schwerpunkt mit dem Schwangerschaftsabbruch befassen. Im Zuge dessen war sie auch als Sachverständige im Rechtsausschuss zur Streichung des § 219a StGB geladen.

Rita Waschbüsch, geboren 1940 in Landsweiler, ist CDU-Politikerin, Katholikin und Gründerin der Schwangerenkonfliktberatung "Donum Vitae". Sie war dort von 1999 bis 2019 Bundesvorsitzende. Seit 2019 ist sie Ehrenvorsitzende. Außerdem war Rita Waschbüsch von 1974 bis 1977 Sozialministerin in der Saarländischen Landesregierung und von 1978 bis 1994 Vizepräsidentin des saarländischen Landtags.

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Der zweite Gedanke; © radio3
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Debatte mit Natascha Freundel & Gästen - Der Zweite Gedanke

Hier wird nicht nur debattiert, hier wird auch zusammen nachgedacht. Über alles, was unser Miteinander betrifft. Bildung, Digitalisierung, Demokratie, Einsamkeit, Freiheit, Klima, Kultur, Städtebau, Visionen - die Themen liegen in der Luft, nicht erst, aber besonders deutlich seit der Corona-Pandemie. Jede Folge widmet sich einer Frage unserer Zeit. radio3-Redakteurin Natascha Freundel spricht jeweils mit zwei Gästen, die wissen, wovon sie reden. Philosophisch, aber nie abgehoben. Persönlich, aber nicht privat. Kritisch und konstruktiv. Hier soll es nicht knallen, sondern knistern. Immer auf der Suche nach dem zweiten, neuen Gedanken.