Komische Oper Berlin | Operndolmuş - "Fatma & Fatoş"
"Selam Opera!" heißt es seit 13 Jahren an der Komischen Oper: "Hallo Oper!" Die Oper will damit zu den Menschen kommen, denen die europäische Opernkultur eher fremd ist. Und Initiator Mustafa Akça, Dramaturg an der Komischen Oper, ist dafür gerade mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet worden.
Wichtiger Teil von Selam Opera ist der sogenannte Operndolmuş, also das Opernsammeltaxi. Ein kleines Team der Komischen Oper fährt mit einem Minibus in die Kieze der Stadt. Gestern ging es mit dem neuesten Stück "Fatma und Fatoş" in die Gropiusstadt nach Neukölln. Zwei Sängerinnen, ein Sänger, drei Musiker:innen und das ganze Produktionsteam waren dabei. Auch Initiator Mustafa Akça und sogar der Intendant des Hauses waren in den Gemeindesaal einer Evangelischen Kirche gekommen. Und der Saal war voll!
Frauen der ersten Einwanderergeneration als Opernstoff
Vor allem ältere türkischstämmige Frauen sind in größeren Gruppen gekommen. Frauen der ersten Einwanderergeneration, die für "Fatma und Fatoş" ihre Geschichten erzählt haben. Sie sind damals allein nach Deutschland gekommen, ohne ihre Männer und Kinder, um Geld zu verdienen.
Fatma und Fatoş sind zwei dieser Frauen: Zwei Freundinnen, die in einer Textilfabrik arbeiten. Fatma ist gewissenhaft, wartet auf die Anrufe ihres Mannes, will ihm abends schreiben. Fatoş will Spaß haben nach der Arbeit, ausgehen, tanzen, feiern in Berlin.
Oper, Operette und türkische Sehnsuchtslieder: die Mischung funktioniert!
Die Geschichte dieser unterschiedlichen Frauen wird mit einer musikalischen Mischung aus bekannten Operetten, Opern und türkischen Sehnsuchtsliedern in Szene gesetzt. Und diese Mischung funktioniert: Bizets "Carmen", wenn die Frauen sich aufs Ausgehen freuen; der Schmerz der Einsamkeit mit einer Arie von Händel. Und wenn die zwei Freundinnen vor dem Radio hängen, um wie jeden Abend türkisches Programm zu hören, wird der deutsche Sänger zum türkischen Star Özdemir Erdogan mit seinem Stück "Gurbet" - "Ausland"!
Begeistertes Publikum - mit Tränen in den Augen ...
Wenn er davon singt, dass er auf einen Brief der Liebsten wartet, gibt es bei den Frauen im Publikum kein Halten: die Handys werden gezückt, einige singen mit und viele haben Tränen in den Augen. Denn die Frauen haben ihre Geschichten wiedergefunden. Sie haben der Komischen Oper ihr Herz geöffnet und die Oper hat ihnen das mit dem Stück "Fatma und Fatoş" zurückgegeben. Eine Verbindung, die bleiben wird, auch wenn der Operndolmuş, das Sammeltaxi der Komischen Oper, wieder abfährt.
Mustafa Akça wird weiter Geschichten aus den Kiezen in Operngeschichten erzählen und damit in die verschiedenen Viertel von Berlin fahren. Und die Frauen waren inzwischen auch schon in der Komischen Oper: Die "Zauberflöte" hat ihnen gut gefallen. Selam Opera!
Frauke Thiele, rbbKultur