Komödie am Kürfürstendamm im Ernst-Reuter-Saal - "Sherlock Holmes: Der Fall Moriarty"
Wieder präsentiert die Komödie am Kurürstendamm eine Premiere im Ernst-Reuter-Saal in Reinickendorf - diesmal eine Kriminalkomödie. "Der Fall Moriarty" sei die wahrscheinlich witzigste Sherlock-Holmes-Story aller Zeiten, verspricht das Theater.

Pfeife im Mundwinkel, Tweed-Jackett, Jagdmütze – so kennen wir ihn, den Meister aller Detektive: Sherlock Holmes. Erfunden hat ihn der britische Autor Arthur Conan Doyle Ende des 19. Jahrhunderts als analytischen Kopf mit außergewöhnlicher Kombinationsgabe. Stets an seiner Seite: Dr. Watson.
Was man sich bei diesem höflich-distanzierten Meister-Detektiv am wenigsten vorstellen kann: dass er sich verliebt. Doch genau das geschieht in Ken Ludwigs neuem Stück "Der Fall Moriarty", das Jan Müller und Daniel Krauss für das Winterhuder Fährhaus in Hamburg inszeniert haben. Jetzt ist der Abend an die Berliner Komödie am Kurfürstendamm gewandert – mit viel Fernseh-Prominenz auf der Bühne.
Viel Fernseh-Prominenz auf der Bühne
Mit Pickelhaube und böhmischem Akzent verhört Katy Karrenbauer ("Hinter Gittern – Der Frauenknast") in der ersten Szene einen Gefangenen. Nur sein Kopf schaut hinter dem roten Vorhang hervor, als läge er unter der Guillotine. "Sag mir, für wen du arbeitest! Sag es mir!", bedroht sie ihn mit ihrem schweren Prügel. Und er: "Rolf Eden! Nein, Angela Merkel! Katy Karrenbauer!" Letztlich gibt er es zu: Er arbeitet für den bösen Professor Moriarty, Sherlock Holmes' Gegenspieler.
Dann holt der Befragte, gespielt von Alexis Kara (bekannt aus der "Heute Show") eine Dose Sprühsahne hervor und spritzt sie wie Schaum vor seinen Mund. Der Gefangene, soll das bedeuten, hat sich vergiftet. Später mutiert Kara zum böhmischen König mit goldenen Plateauschuhen, zum besoffenen Zugschaffner mit Flachmann in der Hand und zu Moriarty selbst: sächselnd, in schickem weißem Anzug und mit Oberlippenbärtchen. Karrenbauer wird zum Dienstmädchen mit blonden Zöpfen, zum zwielichtigen Barkeeper mit Koteletten bis zum Kinn und zur eifersüchtigen Spionin.
Nur der rasante Rollentausch sorgt für Lacher
Insgesamt 25 Rollen werden hier von drei Schauspieler:innen in fliegendem Wechsel gegeben. Nur Jan Sosniok, bekannt aus "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", und Oliver Dupont spielen, natürlich in Tweed-Jacketts, ausschließlich Sherlock Holmes und Dr. Watson.
Der rasante Rollentausch bleibt allerdings das einzige, was für Lacher sorgt. Denn der abstruse Krimi-Plot und die aufgesetzte Love-Story führen nicht zu guter Unterhaltung – sondern zu großer Langweile.
Ein verliebter Sherlock Holmes, ein schwuler Dr. Watson und ein absurder Showdown
Worum geht's genau? Der erfolgreiche Broadway-Dramatiker Ken Ludwig hat hier reichlich unmotiviert ein paar fixe Ideen zusammengezimmert: ein verliebter Sherlock Holmes, ein schwuler Dr. Watson, ein bisschen britische Landadel-Parodie, ein bisschen Bond-Girl-Atmosphäre und jede Menge Slapstick.
Gegenstand des Anstoßes: ein paar Liebesbriefe, die der böhmische König an seine frühere Geliebte Irene Adler geschrieben hat – und die jetzt verschwunden sind. Der König wird von Moriarty erpresst, ihm die Briefe zu geben, denn sie enthalten geheime U-Boot-Pläne.
Doch Moriartys Gehilfin hat die Briefe und Irene Adler entführt. Irenes Schwester wurde wegen der Briefe von Moriarty erschossen, deshalb will sie sich an ihm rächen. Und Sherlock Holmes, der die Briefe für den König finden soll, verliebt sich in die schöne Amerikanerin Irene. Irgendwann trifft man sich dann, warum auch immer, an den Schweizer Rheinfällen zu einem völlig absurden Showdown.

Fehltritte
Dazu wird die Bühne mit kleinen, geschickten Handgriffen umgebaut: Aus der britischen Wohnzimmerkulisse mit Ledersesseln und Bücherwand entsteht ein Zugabteil, ein Bahnhof oder eine Kneipe. Man kann also nicht behaupten, dass auf der Bühne nichts los wäre, im Gegenteil.
Doch während Alexis Kara zumindest den groben Slapstick drauf hat und Oliver Dupont einen verletzlichen Watson gibt, wirken Jan Sosniok, Anna Julia Antonucci und Katy Karrenbauer mitunter arg hölzern. Auch, weil sie, immer ein Fehler bei Komödien, ihre Figuren nicht ernst nehmen – dann gehen einen auch ihre lustigen Fehltritte nichts an.
Es ist eindeutig: ein Flop. Das kann die Komödie am Kudamm eigentlich besser. Zum Beispiel in Ken Ludwigs Theaterfassung von Agatha Christies "Mord im Orientexpress". Das bessere Stück. Der bessere Abend.
Barbara Behrendt, radio3