Gorki: Café Populaire Royal – hier: Amanda Babaei Vieira, Çiğdem Teke; © Ute Langkafe/MAIFOTO
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Maxim Gorki Theater - "Café Populaire Royale"

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Seit das Sparpaket des Berliner Senats auf dem Tisch liegt sind aus der Kulturszene so viele Katastrophennachrichten zu hören, dass es gut tut, auch mal über eine ganz normale Premiere zu sprechen. Am Gorki-Theater hat Nurkan Erpulat ein Stück der komödienerprobten Autorin Nora Abdel Maksoud inszeniert…

Eine Rezension von Oliver Kranz

Der Abend ist hochkomisch, aber nicht flach. Die bitterbösen Pointen zielen auf ein Thema, das zwar hochaktuell ist, aber trotzdem oft unter dem Radar bleibt: Klassismus. Mit beiläufigen Bemerkungen werden Menschen wegen ihrer sozialen Herkunft oder ihres Wohnorts abgewertet. Da wird über Schulklassen aus Gropiusstadt gewitzelt, die noch nie von Didier Eribon oder Annie Ernaux gehört haben. Später ist auch von der "Unterschicht" die Rede. Schauspielerinnen, die selbst wissen, was es heißt, prekär zu leben, nutzen ihr Bildungskapital, um sich abzugrenzen.

Eine Karriere als Clownin

Und trotzdem sind sie sympathisch. Sie treten in überdrehten Clownskostümen auf, haben wilde Frisuren und schmettern den Willkommen-Song aus dem Musical Cabaret. Die Sticheleien über Gropiusstadt werden so leichtfüßig dahingeplaudert, dass man zuerst nicht registriert, was da eigentlich gesagt wird. Und schwupps geht es schon ums nächste Thema: Eines der Guppenmitglieder wird als Svenja vorgestellt – Svenja, der Hospizclown. Ihre Arbeit ist es, alten, kranken Menschen das Leben ein wenig erträglicher zu machen – mit Luftballonschlangen, die als Schwerter modelliert werden oder Clownsnasen, mit denen man telefonieren kann. Die anderen Akteurinnen verwandeln sich in Heimbewohner und Pfleger und schon sind wir in der Geschichte: Svenja träumt davon, Karriere zu machen. Ihre Idole sind Chaplin und Buster Keaton, doch sie hat nicht mal einen Probenraum und muss ihre Gags in der Leichenhalle des Hospizes einstudieren.

Gorki: Café Populaire Royal – hier: Aysime Ergün, Yanina Cerón; © Ute Langkafe/MAIFOTO
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Alter Ego

Gezeigt wird ein prekäres Künstlerleben – mit dem Twist, dass Svenja, die so korrekt ist, dass sie sogar ihre Berufsbezeichnung gendert und sich "Clownin" nennt, ein Alter Ego hat, das gern flucht und andere beleidigt. Und dieses Alter Ego tritt als Figur auf. Es stellt sich als unterdrücktes Innenleben vor und fängt an, durch Svenjas Mund zu sprechen. Dadurch gerät sie in peinliche Situationen – etwa, wenn sie ein Live-Video auf Instagram postet und ihr Alter Ego sie dazu zwingt, rassistische und klassistische Dinge zu sagen. Wie Svenja, die von Aysima Ergün gespielt wird, sich windet und entsetzt darüber ist, welche Pöbeleien aus ihrem Mund kommen, ist hochkomisch. Und gerade diese Tiraden lassen die Zahl ihrer Follower in die Höhe schnellen. Schöne neue Social-Media-Welt!

Am Ende pöbelt Svenja ganz bewusst. Und das ist nicht die einzige überraschende Wendung, die Nora Abdel Maksoud ersonnen hat. Sie lässt auch eine Hospizpatientin auftreten, die Altachtundsechzigerin ist und an ihren marxistischen Idealen hängt. Diese wird von einem Pfleger gepflegt, der gar kein Pfleger ist, sondern auf die Wohnung der alten Dame spekuliert.

Der Bruch

So folgt Gag auf Gag, was auf die Dauer ermüdend ist. Es fehlen Verschnaufpausen. Daher hat Regisseur Nurkan Erpulat im letzten Drittel des Stücks einen Bruch eingefügt. Cigdem Teke, die die Altachtundsechzigerin spielt, steigt kurz aus ihrer Rolle aus und sagt: "Was machen wir hier eigentlich? Die Welt draußen ist ein Inferno, aber wir spielen Theater."

Und dann schließt sich ein sehr grundsätzliches Nachdenken über die Arbeit des Gorki-Theaters an, das mit seinem postmigrantischen Ensemble in den letzten zehn Jahren versucht hat, den Blick auf die Gesellschaft zu ändern. Cigdem Teke glaubt nicht, dass das nachhaltig gelungen ist. Ihr Monolog ist so schmerzhaft pessimistisch, dass er wie ein Stachel im Fleisch des Stücks von Nora Abdel Maksoud wirkt. Dort gibt es zwar auch Schmerz, aber der ist verträglich in Witze verpackt. Es ist gut, dass der Monolog einen Kontrapunkt setzt. Die Inszenierung bietet Humor, aber auch spannende Denkansätze.

Oliver Kranz, radio3

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Ute Langkafel MAIFOTO

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Arno Deciair

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Thomas M. Jauk

Hans Otto Theater - "Mein Kampf" von George Tabori

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