Berliner Ensemble: Der nackte Wahnsinn © Jörg Brüggemann
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Berliner Ensemble - "Der nackte Wahnsinn" von Michael Frayn

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Dass am Theater so einiges schiefgehen kann, hat der britische Dramatiker Michael Frayn in seiner Komödie "Der nackte Wahnsinn" beschrieben. Am Berliner Ensemble, wo Intendant Oliver Reese das Stück jetzt inszeniert hat, musste die Premiere wegen eines Unfalls um zehn Tage verschoben werden. Auch der Nachholtermin stand auf der Kippe …

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Das Publikum erfuhr es erst, als Intendant Oliver Reese vor den Vorhang trat: eine Hauptfigur musste wegen Krankheit umbesetzt werden. Pauline Knof sprang für Lili Epply ein und hatte für die Vorbereitung nur einen Tag Zeit: Ein Himmelfahrtskommando oder - um mit dem Stücktitel zu sprechen: nackter Wahnsinn. Zuvor hatte es schon diverse andere Erkrankungen gegeben und einen Sturz mit Gehirnerschütterung, der dazu geführt hatte, dass die Premiere verschoben werden musste. Noch einmal absagen wollte Oliver Reese nicht – eine engagierte und zugleich fragwürdige Entscheidung, denn wirklich überzeugen, kann die Inszenierung nicht. Sie setzt zu sehr auf Slapstick und Klamauk.

Slapstick und Klamauk

Man sieht, eine Tourneetheatertruppe, die in einer kurzen Probenzeit eine Boulevardkomödie einstudiert. Das Bühnenbild zeigt einen Salon mit vielen Türen, alles in braun und grau. Oben eine Galerie mit noch mehr Türen, die für die vielen Auf- und Abtritte gebraucht werden. Der Hausherr soll in Spanien sein, ist aber insgeheim zurückgekehrt, ein Immobilienmakler soll das Haus verkaufen, nutzt es aber als Liebesnest. Die Haushälterin hat einen freien Tag, bleibt aber daheim, um es sich mit einem Teller Sardinen gemütlich zu machen.

Alle sollen sich aneinander vorbei bewegen, ohne voneinander zu wissen - doch die Theatertruppe, die das spielen soll, bekommt es einfach nicht hin: Immerzu vergisst eine Schauspielerin den Text, der Regisseur wird wütend und putzt seine Assistentin herunter, Gerüchte über Liebesbeziehungen bringen persönliche Feindschaften zum Kochen ...

Es wird genüsslich schlecht gespielt

So wird in Michael Frayns Komödie jede Menge Theater im Theater gezeigt – erst bei der Probe, dann während der Vorstellung hinter den Kulissen. Es passieren immer neue Pannen – aber das Ensemble tut alles, um die Show am Laufen zu halten. Das ist hochkomisch und zugleich eine Parabel auf das Leben, wo ja auch nicht immer alles glatt läuft.

In der Inszenierung von Oliver Reese kommt der Abend allerdings schwer in Gang – erstens, weil der Rhythmus nicht stimmt, zweitens, weil die Figuren in die Karikatur getrieben werden. Es wird genüsslich schlecht gespielt – zum Beispiel, wenn Kathrin Wehlisch in der Rolle der Schauspielerin, die die Haushälterin spielt, übertrieben künstlich über die Bühne humpelt. Die Figur wird veralbert, daher erscheinen auch ihre Probleme lächerlich – die Eifersüchteleien, die Texthänger und das Nichtweiterwissen. Und das trifft auch auf die anderen Figuren zu.

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Der Theaterwahnsinnsshow fehlt es an Vielschichtigkeit

Es wird viel Klamauk serviert – erst quälend langsam, in der zweiten Stückhälfte mit rasantem Tempo. Oliver Reese lässt die Akteure auf und ab rasen und durch Pappmascheewände stürzen. Alle spielen mit beeindruckendem Einsatz. Einmal gibt es einen Treppensturz, bei dem nicht ganz klar ist, ob sich der Darsteller wirklich verletzt hat. Da schimmert das echte Leben durch, und das ist, was das Stück braucht.

Schade, dass es in den anderen Szenen nicht gelingt. Der Theaterwahnsinnsshow im Berliner Ensemble fehlt es an Vielschichtigkeit.

Oliver Kranz, radio3

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