Das Kleine Grosz Museum - "George Grosz. A Piece of my World in a World without Peace"
George Grosz war einer der bedeutenden Künstler der 1920er Jahre, er hat die Dada-Bewegung mitgegründet und als einer der ersten mit Fotomontage experimentiert. Während des Nationalsozialismus immigrierte der gebürtige Berliner in die USA. Bekannt geworden ist er vor allem mit seinen sozialkritischen Arbeiten, bei denen er von Beginn an auf das Mittel der Satire gesetzt hat. Das Prinzip der Collage spielt in seinem Schaffen eine wesentliche Rolle. Rund 100 seiner Arbeiten sind nun in einer neuen Ausstellung im "Kleinen Grosz Museum“ in Berlin-Schöneberg zu sehen.
Im Gartenteich plätschert das Wasser, eine U-Bahn fährt vorbei, die große Glasfront des ehemaligen Tankstellen-Gebäudes an der Bülowstraße glänzt in der Sonne – die Umgebung draußen vor dem Kleinen Grosz Museum gibt einen Vorgeschmack auf das, was im ersten Stock des Hauses zu sehen ist: die unterschiedlichsten Eindrücke aus verschiedenen Welten und Zeiten.
Ausgeschnittene Hände kleben an der Wand
Da kleben ausgeschnittene Hände, Finger, Augenpaare, Polstersessel, Seile oder volle Biergläser an den Museumswänden – Nachdrucke der Original-Schnipsel, die eine eigene, surreale und mitunter beißend komische Realität ergeben. Die Collagen des Künstlers George Grosz sind meisterhafte Spiegel und Kommentare ihrer Zeit.
"Grosz gilt als der Zeichner oder das Enfant Terrible, aber die Collage spielt eine eminente Rolle in seinem Werk. Sie zieht sich von Anfang an bis zu seinem Tod im Grunde genommen hindurch, einmal ganz im direkten Sinne, dass geklebt wird, aber auch in den Werken ist das Collagieren ein Grundprinzip.“
Rosa von der Schulenburg von der Berliner Akademie der Künste hat die Ausstellung gemeinsam mit Birgit Möckel kuratiert und konnte dabei auf einen großen Fundus zurückgreifen. Die meisten der rund 100 Werke stammen aus dem Archiv und der Sammlung der Akademie. Wichtig war den Kuratorinnen, eine möglichst große Zeitspanne abzubilden, angefangen von den dadaistischen Anfängen bis hin zu den Collagen aus der Zeit im Nachkriegsamerika der Fünfzigerjahre. Eines der Herzstücke der Ausstellung ist ein Buch, das über die Person George Grosz ebenso viel erzählt wie über seine Arbeit. Es heißt: "Textures The Musterbook".
"Dazu hat er einen Einband von einem Renoir-Buch genommen, einem schönen Coffeetable-Buch, und darin Seiten der Zeitschrift New Yorker, einer Ausgabe von 1941, eingeklebt und sie collagiert.“
Eine Frauen-Corsage mit Augen auf den Brüsten und viel Alkohol
Durchblättern darf man das Original nicht. Aber die digitalisierte Fassung zeigt die ganze Fülle des Werks: Whiskey- und Ginflaschen, Gläser, eine Frauen-Corsage mit Augen auf den Brüsten, elegante Männerschuhe, Obst, Gemüse, Fleischstücke, Stühle, ein Hundekopf. Die Themen wiederholen sich. Rosa von der Schulenburg:
"Das ist einmal die Frage der Geschlechtlichkeit, die ihn verführt hat, dann die Konsumwelt der Nachkriegszeit in den USA: Er hat gerne gegessen und er hat auch gerne getrunken, der Alkohol war auch ein Problem für ihn, das wird auch deutlich. Zum Teil sind auch Elemente des Ekels dabei, er konterkariert sich, in dem er den Kopf eines alten Mannes in einem Ginglas Kopfüber schwimmen lässt.“
Co-Kuratorin Birgit Möckel sieht in diesen Textures auch ein enzyklopädisches Werk:
"Ein Traum von Grosz war es, amerikanischer Illustrator zu werden und er hat in diesen Themenmappen und in Form der Schnipsel ein Bildvokabular gesammelt, in dem er nachschauen konnte, wie diese amerikanische Lebenswelt realistisch darstellbar ist.“
Das Kleine Grosz Museum: George Grosz. A Piece of my World in a World without Peace. Die Collagen
Grosz schnitt und montierte mit beeindruckender Präzision
Auch aus der Berliner Anfangszeit zeigt die Ausstellung Raritäten, etwa eine Sammlung von Postkarten, die Grosz mit Leidenschaft gestaltet, verschickt und selbst gesammelt hat. Oder eine seiner Themenmappen, "Mit Pinsel und Schere" in der er sieben Drucke seiner Aquarelle zusammengestellt hat. Eines der Original-Aquarelle hängt daneben, die "Brillantenschieber aus dem Café Kaiserhof". Der direkte Vergleich fördert eindrucksvoll zu Tage, mit welcher Akribie und Präzision Grosz die Details seiner Collagen ausgeschnitten und montiert hat. Man sieht die eingefügten Teile auf den ersten Blick kaum. Dies gilt auch für die gemeinsame Arbeit mit dem Künstler John Heartfield, gezeigt wird in der Ausstellung unter anderem ihr Programmblatt zur ersten internationalen Dada-Messe in Berlin.
Die Schaffensfülle von Grosz spiegelt sich in der Fülle der Ausstellung, auf kleinem Raum ist erstaunlich viel zu sehen und neu zu entdecken. Was auch das Verdienst der beiden Kuratorinnen ist:
"Wir haben beide über George Grosz unsere Doktorarbeiten geschrieben und sind seither leidenschaftliche mit diesem Künstler verbunden, er hat uns nicht mehr losgelassen. Wir haben das im Zusammenspiel gemacht.“
"Wir sind seit dieser Zeit befreundet, und es ist nicht so, dass wir das aufgeteilt hätten, sondern es war wirklich eine super Zusammenarbeit, wie ich es mir nicht besser vorstellen könnte.“
"Eine Collage im besten Sinne."
Susanne Lang, rbbKultur