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Drama-Komödie ab 6 Jahren - "Wochenendrebellen"

Bewertung:

Es begann mit einem Blog. Mirco von Juterczenka und sein Sohn Jason berichteten regelmäßig im Internet von ihren Besuchen in diversen Fußballstadien des Landes. Das Besondere: Jason kam mit dem Asperger-Syndrom zur Welt - einer Erkrankung, die zum autistischen Spektrum gehört. Die Begegnungen mit Menschenmassen sind für ihn eigentlich unerträglich. Jetzt hat Marc Rothemund aus dem Blog einen Film gemacht: "Wochenendrebellen".

Die Begegnungen mit Menschenmassen sind für Jason eigentlich unerträglich. Aber er wollte unbedingt Fan von einem Fußballverein werden, wie die meisten anderen Schüler seiner Klasse auch. So machte er sich gemeinsam mit seinem Vater auf die Suche nach einem Lieblingsverein. Beim Groundhopping entstand ein Blog, der 2017 mit dem Grimme online Preis ausgezeichnet worden ist - und Vorlage für eine Drama-Komödie.

Auf der Suche nach einem Lieblingsverein

Der Film von Marc Rothemund erzählt die Geschichte von Jason und Mico Juterczenka sehr geradlinig. Jasons Eltern erhalten von der Kinderärztin die Diagnose, dass ihr Sohn mit dem Asperger-Syndrom, einer Form des Autismus geboren wurde. Autismus wird als Spektrum verstanden, Jason empfindet Sinnesreize, Lärm, Chaos und die Nähe fremder Menschen als bedrohlich. Er hat das Bedürfnis, sie zu kontrollieren, indem er feste Regeln aufstellt, nach denen sich die Familie zu verhalten hat.

Gleichzeitig hat Jason eine Spezialbegabung, er ist fasziniert vom Weltall. Zu Hause hält sich die Familie weitgehend an seine Regeln, in der Schule aber wird er gehänselt und ausgelacht. Weil er regelmäßig ausrastet, empfiehlt die Schulleiterin den Eltern, Jason auf eine Förderschule zu schicken. Der Junge aber träumt davon Astro-Physiker zu werden. Und er träumt davon, Fan eines Fußballvereins zu sein. Deshalb macht ihm sein Vater ein Angebot: Gemeinsam fahren sie am Wochenende durch die Fußballstadien und suchen einen Lieblingsverein, der Jasons strengen Kriterien für einen Lieblingsverein standhält. Dafür lässt sich Jason in der Schule nicht mehr provozieren.

Intensiver Hauptdarsteller

Das Überzeugende an dem Film ist, dass Jason und Mirco von Juterczenka an der Entwicklung ein Mitspracherecht hatten und insofern die Rolle von Jason sehr nah an seiner Realität geschrieben wurde. Cecilio Andresen wirft sich mit voller Energie in diese schwierige Aufgabe und meistert sie furios. Ihm gelingt die Bandbreite zwischen Empfindsamkeit und Überempfindlichkeit, er stellt die Zwanghaftigkeit bis zum Kontrollverlust dar, und gleichzeitig bleibt er liebenswürdig und verletzlich. Und kann noch die schwierigsten physikalischen Zusammenhänge in unglaublicher Geschwindigkeit erklären. Florian David Fitz ist in diesem Fall sehr fair und zurückhaltend und überlässt seinem Kinderkollegen den Raum.

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Erfahrungen in der Fankurve

Jason versucht seine Welt durch strenge Regeln zu ordnen und der erste Blicks ins volle Stadion ist eine Konfrontation mit dem Gefühl der Entgrenzung. Vater und Sohn treten in diesen Schallraum der Fangesänge und der Vater muss eine Luftblase um Jason bilden - das heißt, seine Arme schützend um den Jungen legen, damit er nicht von allen Seiten angerempelt wird.

Jason hat klare Kriterien aufgestellt, nach denen er seinen Lieblingsverein wählen will: keine bunten Schuhe, kein dämliches Maskottchen, kein Einschwörungskreis, keine Nazi-Fans. Völlig vernünftige Anhaltspunkte, aber schwer mit der Realität zu vereinbaren. Marc Rothemund hat sichtlich Spaß an den Stadionbildern vor allem beim Dreh im Stadion von Babelsberg, wo es Jason in den leeren Reihen besonders gut gefällt.

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Der Fan auf dem Sofa

Es ist allerdings der Fan auf dem Sofa, der die Leidenschaft für Fußball am überzeugendsten erklärt. Joachim Król spielt Jasons Großvater. Król nimmt sich die Zeit für jeden Satz und vermittelt die Selbstverständlichkeit, mit der er offenbar seit frühester Kindheit für Fußball schwärmt. Und da versteht man etwas von der Sehnsucht nach Zugehörigkeit, die der Fußball bedient. Und man versteht, dass dieses Zugehörigkeitsgefühl für Jason immer Sehnsucht bleiben wird.

Christine Deggau, rbbKultur