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Komödie - "Die einfachen Dinge"

Bewertung:

Gestresster Unternehmer trifft nach einer Autopanne in den Bergen auf einen kauzigen Einsiedler. Aus dieser Ausgangssituation entwickelt sich im neuen Film von Éric Besnard zunächst eine herzliche Abneigung und dann eine unwahrscheinliche Männerfreundschaft. Denn so unterschiedlich sind die beiden Männer gar nicht ...

An einem schönen Sommertag in den Savoyen treffen sie auf einander: Der erfolgreiche Unternehmer Vincent (Lambert Wilson), der sich bei einer kleinen Spritztour in seinem Cabriolet vom Stress des Alltags erholen möchte und der wortkarge Pierre (Grégory Gadebois), der ohne Telefon und Internet in einem idyllischen Holzhaus am Berghang lebt.

Erzwungene Schicksalsgemeinschaft

Der mondäne Jetsetter und der kauzige Eremit: Zu sagen haben sich die beiden erstmal nicht viel. Doch weil der Motor von Vincents Sportwagen ausgerechnet vor Pierres Unterkunft seinen Geist aufgegeben hat, werden sie trotzdem zu einer Schicksalsgemeinschaft. Und hat nicht der große Homer gesagt, dass man Fremden gegenüber immer Gastfreundschaft zeigen sollte, weil es sich bei ihnen auch um verkleidete Götter handeln könnte?

Die einfachen Dinge sind gar nicht so einfach

Auch nach der Reparatur seines Wagens taucht Vincent immer wieder vor Pierres Behausung auf und beginnt schon bald, dem Einsiedler mächtig auf die Nerven zu gehen. Möchte sich der ungebetene Gast tatsächlich nur von den Belastungen seines Manager-Alltags erholen? Oder führt er was ganz anderes im Schilde? Je länger der Film dauert, desto klarer wird es, dass die beiden Männer mehr verbindet als man zunächst ahnt. Und wer die "einfachen Dinge" liebt, muss nicht zwingend ein einfacher Charakter sein.

Bukolische Landschaften

Egal, ob "Birnenkuchen mit Lavendel" oder "À la Carte!" – in den Filmen von Éric Besnard ist die Welt noch in Ordnung. Die Kamera (Jean-Marie Dreujou) schwelgt in bukolischen Landschaften, während knorrige Menschen ihrer Arbeit nachgehen und ab und zu knorrige Sätze von sich geben.

Wer dieses Bilderbuch-Frankreich mag, wird auch an dem neuen Besnard-Film Gefallen finden. Manchmal jedoch übertreibt er das Spiel mit den Klischees. So ist der eitle Vincent nicht nur erfolgreicher Unternehmer, sondern auch noch Extremsportler, Möchtegern-Schauspieler und Moderator einer eigenen Fernseh-Show. Pierre hingegen wird gezeigt als moderne Version des Alm-Öhi: Er kann mit Tieren sprechen, ist ein tüchtiger Handwerker und bereitet sich aus Bergblumen frische Kräutertees und hochprozentige Schnäpse.

Eine unerklärte Liebe

Dass die beiden ungleichen Männer am Ende doch noch Freunde werden, liegt vor allem an einer Frau. Pierres Schwägerin Camille (Marie Gillain) lebt mit ihrer halbwüchsigen Tochter im Tal und wird seit dem Tod ihres Mannes von Pierre nicht nur mit kulinarischen Köstlichkeiten versorgt, sondern auch heimlich angebetet. Wenn es ihm doch nur gelänge, ihr endlich sein Herz auszuschütten ... Dann hätte das Einsiedlerleben ein Ende und die Welt ihn wieder!

Es bleibt ein zwiespältiger Eindruck

"Die einfachen Ding" hinterlässt am Ende einen zwiespältigen Eindruck. Auch wenn man dem Treiben der beiden Männer gerne zuschaut, bleibt ein etwas künstlicher Nachgeschmack. Die permanente Postkartenidylle der Bergwelt, der aufdringliche Soundtrack (Christophe Julien) und das bemühte Happy-End machen vieles von dem zunichte, was die beiden Vollblutschauspieler Wilson und Gadebois aufgebaut haben. Schade!

Carsten Beyer, rbbKultur