Ein Raketenangriff auf Jerusalem wird von der israelischen Flugabwehr abgefangen © picture alliance / Xinhua News Agency | Chen Junqing
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Die Debatte mit Natascha Freundel, Meron Mendel und Azadeh Zamirirad - Der 7. Oktober und die Folgen – Wohin steuern Israel und Iran?

"Es braucht eine politische Perspektive für die Zivilgesellschaft in der ganzen Region." (Azadeh Zamirirad)

Die Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 haben das Leben der Menschen in Israel, im Gaza-Streifen und im Westjordanland radikal verändert. Die Kämpfe seither, die Opferzahlen, Verwüstungen und Traumata übersteigen das Vorstellungsvermögen. Der Krieg Israels gegen die Hamas hat sich inzwischen zu einem Krieg gegen die Hisbollah im Libanon ausgeweitet. Steht der Nahe und Mittlere Osten vor einer geopolitischen Wende? – Israel und Iran behaupten das gern, und meinen jeweils die Niederlage des Anderen. Wohin steuert oder stürzt der Nahostkonflikt?

Es ist sehr einfach, in Berlin oder in Frankfurt zu sitzen, auf die Natives da unten zu schauen und zu sagen, sie bedienen eine Rachelogik. Ich frage mich wirklich: Wie würden die Menschen in Berlin reagieren, wenn täglich aus Polen auf sie geschossen werden würde, ein ganzes Jahr lang? Ist dann das Zurückschießen, ist die Liquidierung derjenigen, die das verursachen, eine Rachelogik, und woran machen Sie das fest?

Meron Mendel

Wir haben jetzt innerhalb von zwölf Monaten Krieg in Gaza erlebt, einen Krieg im Libanon, möglicherweise jetzt noch ein dritten vollständigen Krieg mit Iran. Das sind keine langfristigen Lösungsansätze. Es braucht neben aller militärischen Stärke und Abschreckung, die oftmals notwendig und unvermeidbar ist, eben auch eine politische Perspektive und eine Rückkehr zu Deeskalation und überhaupt ein ersten Schritt in Richtung Konfliktregulierung. Den sehe ich im Moment nicht, und das ist das eigentliche Problem. Weniger, wo jetzt das nächste Ziel israelischer Angriffe sein wird, ob es iranische Ölanlagen oder Atomanlagen sind, das betrifft am Ende immer noch nicht den Kern des Problems.

Azadeh Zamirirad
Meron Mendel (© Ali Ghandtschi) und Azadeh Zamirirad (© SPW)
Meron Mendel und Azadeh Zamirirad | Bild: Ali Ghandtschi | SPW

Gäste

Meron Mendel, geboren in Ramat Gan bei Tel Aviv und aufgewachsen in einem Kibbuz im Süden Israels, ist seit 2010 Direktor der Bildungsstätte Anne Frank und seit 2011 Professor für Transnationale Soziale Arbeit an der Frankfurt University of Applied Sciences. Er studierte Erziehungswissenschaften und Jüdische Geschichte in Haifa und München. Er hat mehrere Bücher zur Demokratiebildung, Migrationsgesellschaft und Menschenrechten vorgelegt. Zuletzt erschienen "Über Israel reden. Eine deutsche Debatte" (2023) und, mit Saba-Nur Cheema: "Muslimisch jüdisches Abendbrot. Das Miteinander in Zeiten der Polarisierung" (2024, Kiepenheuer & Witsch). Für ihre Engagement gegen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit wurden Meron Mendel und Saba-Nur Cheema am 3. Oktober 2024 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Azadeh Zamirirad ist Irananalystin und seit 2024 Leiterin der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SPW). Zuvor war sie dort 6 Jahre lang Stellvertretende Forschungsgruppenleiterin. In ihrer Forschung hat sie sich intensiv mit der Funktionsweise autoritärer Regime, iranischer Außen- und Sicherheitspolitik – insbesondere dem iranischen Atomprogramm – sowie innenpolitischen Machtkämpfen beschäftigt. Als Wissenschaftlerin der SWP berät sie die Bundesregierung, den Bundestag sowie weitere politische Entscheidungsträger in Deutschland und der EU. Zuvor war sie als Redakteurin der politikwissenschaftlichen Zeitschrift WeltTrends tätig und langjährige Dozentin für Internationale Beziehungen und Vergleichende Politikwissenschaft. Sie hat Politologie und Amerikanistik an der Uni Potsdam studiert. 2019 erschien ihre Analyse "Irans Atomdiskurs" (Ergon Verlag).

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Der zweite Gedanke; © radio3
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Debatte mit Natascha Freundel & Gästen - Der Zweite Gedanke

Hier wird nicht nur debattiert, hier wird auch zusammen nachgedacht. Über alles, was unser Miteinander betrifft. Bildung, Digitalisierung, Demokratie, Einsamkeit, Freiheit, Klima, Kultur, Städtebau, Visionen - die Themen liegen in der Luft, nicht erst, aber besonders deutlich seit der Corona-Pandemie. Jede Folge widmet sich einer Frage unserer Zeit. radio3-Redakteurin Natascha Freundel spricht jeweils mit zwei Gästen, die wissen, wovon sie reden. Philosophisch, aber nie abgehoben. Persönlich, aber nicht privat. Kritisch und konstruktiv. Hier soll es nicht knallen, sondern knistern. Immer auf der Suche nach dem zweiten, neuen Gedanken.