Essensausgabe im Gazastreifen: verzweifelt blickendes Mädchen hält ihren Topf hin, Rafah 19.12.2023; © imago-images.de/Bashar Taleb
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Die Debatte mit Natascha Freundel, Daniel Cohn-Bendit und Susan Neiman - Menschlichkeit in finsteren Zeiten?

"Man muss den Palästinensern Hoffnung auf die Anerkennung ihrer Menschenrechte geben." Susan Neiman

Wiederholung vom 02.11.2023

"Erst indem wir darüber sprechen, vermenschlichen wir, was in der Welt, wie das, was in unserem eigenen Innern vorgeht, und in diesem Sprechen lernen wir, menschlich zu sein." Hannah Arendts Essay "Von der Menschlichkeit in finsteren Zeiten" (1959) klingt heute aktueller denn je, ist es doch verblüffend schwierig, kontroverse Gespräche über den Krieg zwischen Hamas und Israel, über den so genannten "Nahostkonflikt" zu führen; als hätten viele Menschen Angst, menschlich auf den Krieg zu reagieren.

Die Philosophin Susan Neiman und der Grünen-Mitbegründer Dany Cohn-Bendit lassen sich auf dieses Gespräch ein. Susan Neiman ist davon überzeugt, dass der Konflikt nicht ohne eine Politik der Menschlichkeit, des Universalismus, befriedet werden kann. Cohn-Bendit argumentiert realpolitischer: "Es gibt keine einfache oder wirklich richtige Lösung oder Handlung nach dem 7. Oktober."

Hamas will eine Bodeninvasion. Sie wissen, mehr Bilder von toten Kindern in Gaza hetzen die Welt gegen Israel auf. Und das tut Hamas nur gut. Und es hilft Hamas, neue Terroristen genau aus den Kindern oder Verwandten getöteter Hamas-Terroristen hervorzubringen. Das ist Programm seit langer Zeit. Ich bin deshalb wirklich erschüttert. Es geht nicht einmal um Moral. Meistens mache ich gerne moralische Argumente. Aber das sind rein pragmatische Argumente, dass das, was Israel jetzt macht, nicht zur Sicherheit beiträgt.

Susan Neiman

Hamas ist eine Idee, und eine Idee ist eine Erzählung von einer Zukunft. Und diese Idee kann man nur zerstören, wenn es eine andere Idee dagegen gibt, also die Idee der Zerstörung Israels gegen die Idee der Zwei-Staaten-Lösung. Die Palästinenser müssen ihren eigenen Staat haben. Es ist eine bitterböse, schreckliche Ironie, dass nach dieser Hamas-Barbarei endlich mal wieder über die Zwei-Staaten-Lösung geredet wird.

Dany Cohn-Bendit
Daniel Cohn-Bendit (© Georg Kumpfmüller-Jahn) und Susan Neiman (© James Starrt)
Daniel Cohn-Bendit und Susan Neiman Bild: Georg Kumpfmüller-Jahn | James Starrt

Gäste

Daniel Cohn-Bendit, geboren 1945 in Montauban bei Toulouse/Frankreich, ist Grünen-Politiker der ersten Stunde und Publizist. Seine Eltern konnten 1933 aus Berlin nach Frankreich fliehen. Er war ein führender Kopf der Pariser Mairevolution 1968, gegen seine Ausweisung riefen Demonstranten in Paris: „Wir sind alle deutsche Juden“. Er war Buchhändler, "Stadtmagazin"-Gründer und von 1989 bis 1997 der erste Leiter des Amtes für multikulturelle Angelegenheiten in Frankfurt/Main. Von 1994 bis 2014 saß er für die deutschen und die französischen Grünen im EU-Parlament. Dany Cohn-Bendit lebt in Frankfurt/M. Er hat mehrere Bücher über Linke Politik und Europa geschrieben. 2020 erschien die Autobiographie: "Unter den Stollen der Strand. Politik und Fußball – mein Leben" (KiWi) sowie sein Dokumentarfilm "Wir sind alle deutsche Juden", eine Auseinandersetzung mit Israel.

Susan Neiman, geboren 1955 in Atlanta, Georgia/USA, ist Philosophin und leitet seit 2000 das Einstein Forums in Potsdam. Sie studierte Philosophie in Harvard und promovierte bei John Rawls und Stanley Cavell. Von 1989 bis 1996 war sie Professorin an der Yale-University, danach fünf Jahre an der Universität Tel Aviv. Zu ihren Hauptwerken gehören: "Das Böse denken: Eine andere Geschichte der Philosophie" (Suhrkamp, 2004), "Moralische Klarheit. Leitfaden für erwachsene Idealisten" (Hamburger Edition, 2010), "Von den Deutschen lernen" (Hanser 2020). In diesem Jahr ist ihre Streitschrift "Links ist nicht woke" erschienen (Hanser). Susan Neiman lebt in Berlin.

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