Gianluca Buttolo: Laurel und Hardy; © Splitter Verlag
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Comic des Monats – Januar 2025 - Gianluca Buttolo: Laurel und Hardy

Bewertung:

Sie haben sich bis heute ins kollektive Gedächtnis geschrieben: Stan Laurel und Oliver Hardy sind mit ihren Slapstikeinlagen zu Klassikern der Filmgeschichte geworden. Ein Comic des Italieners Gianluca Buttolo erzählt nun die Geschichte dieses Komikerduos: "Laurel und Hardy". Und zwar so vertraut und neu zugleich, dass es der radio3 Comic des Monats ist!

Die Geschichte der beiden Komiker wird über einen Anruf erzählt: Seth Owens, ein Junge aus New York, ruft bei Stan Laurel an, weil er ein Referat für die Schule über das Komikerduo halten will. Diesen Anruf hat es wirklich gegeben und so erfahren die Leser*innen schon zu Beginn des Comics ein verblüffendes Detail: Stan Laurels Telefonnummer stand ganz öffentlich im Telefonbuch und er hat sich mit allen unterhalten, die ihn angerufen haben. Und Stan Laurel ist umsichtig – denn er bittet die Mutter des Jungen um Erlaubnis, ihn zurückrufen zu dürfen – damals Anfang der 1960er Jahre waren Telefongespräche noch teuer.

Die Fragen des Jungen strukturieren den Comic: Wie sind die Dreharbeiten abgelaufen? Wer hat die Gags geschrieben? Und wie sind die beiden überhaupt ein Filmpaar geworden? Gianluca Buttolo hat viel recherchiert, um dieses Buch zu zeichnen. Mehr als 40 Quellen sind im Anhang aufgeführt und zu einer sehr eleganten Dokumentation verwoben.

Gianluca Buttolo: Laurel und Hardy; Splitter Verlag
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Auf heitere Weise spannend

So erzählt Gianluca Buttolo, wie Stan Laurel Regie für den Film "Get 'em Young" führt und sein Hauptdarsteller Oliver Hardy ausfällt, weil der sich beim Kochen einer Lammkeule den Arm verbrannt hat. Buttolo zeichnet, wie der Produzent Hal Roach Stan Laurel bittet, Hardys Hauptrolle zu übernehmen und Laurel ziert sich, weil er so lange erfolglos versucht hat, Schauspieler zu werden, dass er nun mit dem Drehbuchschreiben und Regieführen glücklich ist.

Es ist die Kombination von Details wie der Lammkeule und dem nachfühlbar werdenden Annehmen von Laurels Misserfolg als Schauspieler, die diesen Comic auf heitere Weise spannend machen.

Es war ein Zufall, der Stan und Ollie zusammen vor die Kamera brachte – und es war der künstlerische Leiter der Roach-Studios, Leo McCarey, der das Potential der beiden als Paar erkannte: Weil beide so unterschiedlich und doch gleich präsent sind. Dieses Prinzip der Gegensätze, die auf Augenhöhe agieren, sollte ein Erfolgsrezept von Stan und Ollie werden – und wie das immer weiter verfeinert wurde, erzählt dieser Comic.

Kein Auge bleibt trocken

Die Filme von Stan Laurel und Oliver Hardy leben vom Bewegtbild. Der Comic zerlegt den Slapstik der beiden Komiker in Einzelbilder und macht so nachvollziehbar, nach welchen Mustern der Humor funktioniert. Das ist der Kampf mit dem Raum, der immer wieder aus den Fugen gerät: Leitern kippen, Schwingtüren schwingen unvorhergesehen oder ein Wutanfall wird durch herumstehende Torten so forciert, dass kein Auge trocken bleibt.

Gianluca Buttolo zeichnet das oft abstrahiert, verwendet die Panel-Rahmen zum Beispiel so, dass daraus eine Leiter wird oder ein viel zu enger Raum. Auch darin liegt der Verdienst dieses Comics: Mit seinem abstrakten Stil aus klaren Linien und schwarz-weiß-grauen Flächen kommt er der Ästhetik des Stummfilms so erstaunlich nahe, dass beim Lesen die Filme vor dem inneren Auge ablaufen.

Gianluca Buttolo: Laurel und Hardy; Splitter Verlag
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Sehnsucht nach der guten alten Zeit

Der Comic "Laurel und Hardy" ist für Menschen, die mindestens einen Stan-und-Ollie-Film gesehen haben und sich davon bezaubern lassen konnten. Dabei zeichnet Gianluca Buttolo auch die Schattenseiten der Karriere: Die Marktmechanismen der amerikanischen Filmindustrie, die die beiden Komiker jahrelang mit schlechten Verträgen ausnutzte, weil Stan und Ollie ihren Wert nicht begriffen. Wie Stan gefeuert wurde, weil seine Eheprobleme öffentlich wurden und der Produzent deshalb Gewinneinbrüche fürchtete – und wie der Tonfilm die goldene Zeit des Künstlerduos beendete.

Stan Laurel und Oliver Hardy haben sich immer wieder aufgerappelt – wie die Protagonisten ihrer Filme. Und dabei haben beide – und auf ganz besondere Weise Stan Laurel – immer ihre Würde bewahrt. Wer Sehnsucht nach der guten alten Zeit hat, ist mit dem Comic "Laurel und Hardy" also bestens bedient.

Andrea Heinze, radio3

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