Dinah Wernli: Louise; © Edition Moderne
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Comic des Monats – Dezember 2024 - Dinah Wernli: "Louise"

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Jede einzelne Seite ist ein Gemälde! So kommt das Comic-Debüt von Dinah Wernli daher. Die Schweizer Künstlerin erzählt in "Louise" atmosphärisch dicht die Geschichte einer schweizerischen Bäuerin, die zur Muse des Brücke-Malers Cuno Amiet wird. Die Freiräume neben dem gewohnten harten Alltag erlebt und doch dieselbe Bäuerin bleibt – das ist außergewöhnlich und stimmig!

Die Schweizer Berglandschaft ist zu sehen, mit einem Haus dass sich halb ins Tal duckt und darüber wabert der Alpenhimmel. Auf der nächsten Seite sieht man eine Frau von hinten über einen Berggrat laufen, die einen Eimer und ein Tuch schleppt. Auf einem anderen gibt die Frau einem Kind die Brust.

Dann wieder melkt sie eine Kuh, wäscht Wäsche im Zuber. Es sind ganz alltägliche Arbeiten, wie sie zu Anfang des 20. Jahrhunderts bei Bergbauern üblich waren, die Dinah Wernli auf einer Seite mit grobem Pinselstrich und in kräftigen Farben malt. Die Farben hat sie den Gemälden von Cuno Amiet nachempfunden.

Dazu hat Dinah Wernli auf leeren Seiten dazwischen sehr wenig sehr dichten Text gesetzt: "Kaum Möglichkeiten. Keine Qual der Wahl. Andere Qualen schon. Kein Aufbegehren. Louise macht einfach. Denkt kaum darüber nach." Es sind Gedanken, die Dinah Wernli in Gesprächen mit ihren Großmüttern hatte und die sie in diesen Comic eingebaut hat.

Dinah Wernli: "Louise"; © Edition Moderne
Bild: Edition Moderne

Ein Denkmal für Louise Grütter

Über den Maler Cuno Amiet ist viel geschrieben worden, über Louise Grütter kaum. Das hat Dinah Wernli bei ihrer Recherche erlebt – ein Nachmittag in der Bibliothek reichte, um alles über die Bäuerin zu lesen: Dass sie im Oberaargau lebte, verheiratet war, Kinder hatte. Dass er sie als junge Mutter gemalt hat und dann nicht mehr. Dass sie später seine Haushaltshilfe wurde.

Die Ölgemälde, Pastelle und Zeichnungen von Cuno Amiet hat Dinah Wernli für diesen Comic mit ihrer eigenen Malerei nachempfunden. Es sind Akte und Portraits, die mit so schnellem Strich gemalt sind, dass die Person darauf kaum fassbar ist – und gerade dadurch setzt Dinah Wernli der Louise Grütter ein Denkmal.

Mit diesen reduzierten Mitteln erzählt Dinah Wernli die Emanzipationsgeschichte der Louise Grütter. Gerade die Reduktion vermag es, die sehr fremde Lebenswelt der Bergbäuerin für uns heute nahbar und berührend zu machen. Weil die Sprache jeden Zeitbezug eliminiert und die Gemälde vor allem wegen der darauf abgebildeten Gesten funktionieren – Gesten, die wir heute noch kennen.

So poetisch wie nie zuvor

Da ist der Fluchtimpuls, nachdem der Maler die Bäuerin fragt, ob er sie malen darf – und gleich darauf das Hühnerfüttern – das Sicherheit vermittelt, weil Louise in dieser Alltagsroutine zuhause ist. Oder die Geste der Scham, wenn Louise ihre Bluse nach dem Aktzeichnen zuknöpft. Diese Bilder wirken wie gemalte Archetypen, die eine sehr feine Wucht entwickeln.

Dinah Wernli: "Louise"; © Edition Moderne
Bild: Edition Moderne

Und die nachvollziehbar machen, wie sich Louise verändert, wie sie eine Seite von sich entdeckt, die sie nie für möglich gehalten hat. Und wie sie doch in ihrem Alltag und rein äußerlich immer die einfache Bäuerin bleibt. Mit diesem Comic setzt Dinah Wernli Louise Grütter, dem Modell eines Malers ein Denkmal. Und zwar so poetisch und kontemplativ, wie es vorher noch nie gemalt wurde.

Andrea Heinze, radio3

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