Science Fiction-Thriller | Berlinale Wettbewerb - "Another End"
Eine neue Technologie macht es möglich, die Erinnerungen von Verstorbenen zu konservieren und sie auf andere Menschen zu übertragen. Was als psychologisches Hilfsmittel für trauernde Angehörige gedacht war, entwickelt sich in Pierro Messinas Sci-Fi Thriller zu einem Bumerang für alle Beteiligten - mit unerwartetem Ausgang.
Sal (Gael García Bernal,) ist am Boden zerstört. Nach dem Unfalltod seiner Freundin fühlt er sich schuldig. Schließlich saß er selbst betrunken am Steuer des Unfallwagens. Außerdem vermisst er die vertraute Nähe seiner Geliebten. Mehr und mehr versinkt der einst so fröhliche Mann in seinen Depressionen, bis seine Schwester Ebe (Bérénice Bejo) nur noch einen Ausweg sieht.
Abschied mit neuer Technologie
Ebe arbeitet bei Aeternum - ein Konzern, der eine neue Technologie entwickelt hat, mit der Hinterbliebene von geliebten Verstorbenen Abschied nehmen können. Erinnerungen und Bewusstsein eines Toten werden dazu in der Firmendatenbank gespeichert und anschließend in einen passenden "Host" eingespeist. So können die Trauernden in einer oder mehreren Sitzungen mit der geliebten Person Gespräche nachholen, die zu Lebzeiten nicht stattfinden konnten. Das soll – so der Firmenleitspruch – einen anderen Ausgang ("another end") ermöglichen und so den Trennungsschmerz lindern.
Lieferung im Plastiksarg
Sal steht "Another End" zunächst skeptisch gegenüber. Als er jedoch mitbekommt, dass sich auch in seinem Umfeld viele Menschen der neuen Technik bedienen, beschließt er, einen Versuch zu wagen. So tritt Host Zoe (Renate Reinsve) in sein Leben. Die ist zwar etwas größer und sieht auch ein bisschen anders als die Verstorbene, ticken tut sie aber ganz genauso. Was macht es da schon, dass Zoe zu jeder "Sitzung" von Aeterna-Mitarbeitern in einer Art Plastiksarg gebracht (und anschließend auch wieder abgeholt) wird?
Das Experiment gerät aus dem Ruder
Schon bald ist für Sal (fast) wieder alles beim Alten. Der orphische Wunsch nach einem Leben jenseits des Todes lässt Sals anfängliche Skrupel immer mehr verschwinden, die menschliche Fähigkeit zum Selbstbetrug tut ihr Übriges. Doch ist er am Ende wirklich derjenige, der die Fäden in der Hand hält? Als er beginnt, dem Host auch in deren wahrem Leben zu folgen, gerät das Experiment aus dem Ruder ...
Doppelbödiges Spiel
"Another End" ist ein doppelbödiges Spiel mit der menschlichen Psyche. Geschickt inszeniert und großartig gespielt vom Trio Bernal, Bejo und Reinsve bleibt die Spannung lange erhalten, auch wenn diverse Twists am Ende für Verwirrung sorgen. Sehenswert!
Carsten Beyer, rbbKultur