Auf dem Weg © X Verleih
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Drama - "Auf dem Weg"

Bewertung:

Nach einem Fenstersturz im Suff möchte Erfolgsautor Pierre sein Leben neu ordnen: Wenn es ihm gelingt, wieder auf die Beine zu kommen, will er Frankreich zu Fuß durchqueren. Bei Wind und Wetter, über Stock und Stein. Denis Imberts Verfilmung von Sylvain Tessons Buch "Sur les chemin noirs" bietet großartige Landschaftsaufnahmen, aber auch viel Leerlauf und ein Übermaß an pseudophilosophischen Phrasen.

Der Schriftsteller Pierre (Jean Dujardin) stürzt nach einer wilden Partynacht aus dem Fenster: Acht Meter tief fällt er auf den Asphalt - das reicht für ein Schädeltrauma und mehrere gebrochene Rippen und Wirbel. Zunächst ist gar nicht klar, ob er jemals wieder wird laufen können. Während Pierre monatelang im Krankenhaus liegt und über sein Leben nachdenkt, reift in ihm die Idee, ganz Frankreich zu durchwandern – von Südosten bis nach Nordwesten auf der sogenannten "Diagonale de Vie". "Verrückt für einen Rekonvaleszenten", sagen die Ärzte. Doch Pierre ist ein Typ, der sich nicht so leicht von seinen Plänen abbringen lässt ...

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Von den Schnellstraßen auf die Schleichwege

Denis Imberts Film "Auf dem Weg" basiert auf dem autobiografischen Buch "Sur les chemins noirs" des französischen Reise-Schriftstellers Sylvain Tesson. Der Weg, den Pierre antritt, ist im Grunde eine Pilgerfahrt – auch wenn am Ende keine Kirche steht, kein Wallfahrtsort oder eine religiöse Erleuchtung. Der Lebemann von einst sucht stattdessen die persönliche Läuterung – weg von den Schnellstraßen des Lebens hin zu einem bewussten, entschleunigten Dasein auf Schleichwegen.

Ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer

Seine Wanderung 1.300 Kilometer quer durch Frankreich bietet die Gelegenheit für großartige Landschaftsaufnahmen. Dabei zeigen Imbert und seine Kamerafrau Magali Silvestre de Sacy keine Postkartenmotive, sondern eher ein paar weniger bekannte Seiten ihrer Heimat: Das Comtat beispielsweise im Süden Frankreichs, das Zentralmassiv und die Champagne - wilde, oft auch einsame Gegenden, in denen man nur wenigen Menschen begegnet. Die Tatsache, dass Imbert meist nur mit einer einzigen Kamera arbeitet und seine Hauptfigur dabei in langen Einstellungen verfolgt, verstärkt noch das Gefühl von Freiheit und Abenteuer.

Pseudo-philosophisches Selbstfindungsgeschwafel

Auf Dauer aber wird die Selbstfindung eintönig, da helfen weder gelegentliche Begegnungen am Wegesrand noch die immer wiederkehrenden Rückblenden in die Zeit vor dem Fenstersturz. Pierre – der Erfolgsschriftsteller und Sinnsucher - bleibt einem irgendwie fern. Liegt es an Oscar-Gewinner Jean Dujardin, der hier sein Programm relativ stoisch herunterspult? Oder vielleicht doch eher am Drehbuch, das ihm immer wieder Sätze in den Mund legt, die aus dem Poesiealbum eines 14- Jährigen zu stammen scheinen?

Fakt ist: Wo eigentlich Kontemplation und innere Einkehr herrschen sollten, nervt der Film mit Melodrama und pseudophilosophischem Geschwafel.

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Die eigentliche Geschichte erzählt die Natur

Warum nur ist es so schwer, einen guten Film über das Wandern zu machen? Das ist doch eigentlich eine schlichte und befreiende Sache! Die allermeisten Wanderfilme aber – auch "Auf dem Weg" – versuchen auf Teufel komm raus, noch irgendeine tiefere Bedeutungsebene mit reinzubekommen – und das geht meistens schief.

Wenn man diesen Film dokumentarisch angelegt hätte, wenn man einfach nur die Wanderbilder genommen hätte und ein paar Begegnungen unterwegs, das hätte völlig ausgereicht. Die eigentliche Geschichte erzählen ohnehin die Landschaft und die Natur.

Carsten Beyer, rbbKultur