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Die Debatte mit Ann Kristin Schenten, Manfred Schäfers und Marcel Fratzscher - Schuldenbremse – Braucht es eine Reform?

"It's the economy, stupid!"

Die erste Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP ist über der Schuldenbremse zerbrochen. Jetzt bestimmt das Thema den Wahlkampf. Allen Beteiligten ist klar: Deutschland hat einen enormen Investitionsbedarf. Schulen, Straßen und Schienen sind marode. Energiewende und Verteidigung müssen finanziert werden. Aber muss man dafür die Schuldenbremse lockern?

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, meint: Eine Reform der Schuldenbremse ist überfällig. Manfred Schäfers, Wirtschaftskorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, argumentiert, dass hohe Schulden den Staat langfristig lähmen. Ein Streitgespräch.

Wir haben uns eine Regel gegeben, die die Politiker vor sich selbst schützt. Man spricht auch vom Odysseus Effekt. Odysseus hat sich an den Mast binden lassen, um nicht von den Sirenen verführt zu werden. Und genau das machen wir mit der Schuldenbremse. Jetzt kann man sich streiten, ob sie zu hart oder zu weich ist. Ich bin eher für eine härtere Lösung. Ich mag einen starken Staat. Aber für mich ist ein Staat stark, wenn er handlungsfähig ist. Handlungsfähig ist ein Staat, wenn er nicht zu stark verschuldet ist.

Manfred Schäfers

Der deutsche Staat ist 30 Jahre auf Verschleiß gefahren. Hat 30 Jahre so gut wie nichts in Klimaschutz investiert, hat das Bildungssystem verfallen lassen, die Infrastruktur verfallen lassen. Wir brauchen jetzt eine Initiative, um die Defizite der Vergangenheit aufzuholen. Sonst kommen wir in Deutschland wirtschaftlich nicht wieder auf den grünen Zweig. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Wir brauchen jetzt eine große Investitionsoffensive. Sonst ist der Zug für Deutschland wirtschaftlich und sozial abgefahren.

Marcel Fratzscher
Manfred Schäfers (© F.A.Z.-Foto / Daniel Pilar) und Marcel Fratzscher (© DIW)
Manfred Schäfers und Marcel Fratzscher Bild: F.A.Z.-Foto / Daniel Pilar || DIW

Gäste

Manfred Schäfers, geboren 1961 in Münster. Hat Volkswirtschaftslehre in Bonn und Tübingen studiert und bei der "Stuttgarter Zeitung" volontiert. Seit 1993 ist er Teil der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zunächst war er als einer der Blattmacher für die allgemeinen Wirtschaftsnachrichten zuständig. Im September 1996 ist er als Korrespondent nach Bonn, drei Jahre später nach Berlin gegangen. Von dort schreibt er über Finanzpolitik und Entwicklungshilfe.

Marcel Fratzscher, geboren 1971 in Bonn, ist Wissenschaftler, Autor und Kolumnist zu wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Themen. Er ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist u. a. Mitglied des High-level Advisory Board der Vereinten Nationen zu den Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs), Mitglied des Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums und Mitglied des Kuratoriums der Hertie School of Governance.

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Hier wird nicht nur debattiert, hier wird auch zusammen nachgedacht. Über alles, was unser Miteinander betrifft. Bildung, Digitalisierung, Demokratie, Einsamkeit, Freiheit, Klima, Kultur, Städtebau, Visionen - die Themen liegen in der Luft, nicht erst, aber besonders deutlich seit der Corona-Pandemie. Jede Folge widmet sich einer Frage unserer Zeit. radio3-Redakteurin Natascha Freundel spricht jeweils mit zwei Gästen, die wissen, wovon sie reden. Philosophisch, aber nie abgehoben. Persönlich, aber nicht privat. Kritisch und konstruktiv. Hier soll es nicht knallen, sondern knistern. Immer auf der Suche nach dem zweiten, neuen Gedanken.