Album der Woche | 05.02. - 11.02.2024 - Katja Zakotnik & Naila Alvarenga-Lahmann: "From Home with Love"
Die Musik von Brahms ist für die Pianistin Naila Alvarenga Lahmann aus Brasilien und die Cellistin Katja Zakotnik aus Slowenien ein gemeinsamer Nenner – seit sie sich vor weit über zehn Jahren in Deutschland begegnet sind. Es liege eine "ewige Sehnsucht“ in den Werken von Brahms, die zugleich immer etwas Tänzerisches hätten, sagt Katja Zakotnik. Das passe sowohl zu Brasilien als auch zu Slowenien.
Brahms betrachten die beiden Musikerinnen somit als ihre gemeinsame musikalische Heimat.
Heimweh nach fremden Ländern
Um Heimat geht es ihnen auf diesem Album. Oder besser gesagt: um Heimaten, im Plural. Brasilien ist eine dieser Heimaten. Und Heitor Villa-Lobos der international wohl bekannteste brasilianische Komponist.
Voller Bewegung ist sein "Gesang des Schwarzen Schwans“ für Cello und Klavier. Und er steckt voller Sehnsucht – genau wie ein Werk von Johannes Brahms.
Auch das "Prelúdio“ von Villa-Lobos klingt sehnsuchtsvoll. Beim Spielen dieser Werke empfinde sie plötzlich eine Art Heimweh nach Brasilien, "obwohl ich doch noch nie in Brasilien war“, erzählt Katja Zakotnik und lacht. Ihre brasilianische Klavierpartnerin freue sich, dass sie, Katja, über Musik einen Bezug zu ihrem, also Nailas Heimatland gefunden habe. Den Schmerz auskosten – mit Lebensfreude und Lust am Feiern. Das sei Brasilien.
Brasilianisch heiter
Ganz besonders gefällt Katja Zakotnik deshalb auch der "Frêvo“, der Tanz aus der Suíte Brasileira des zeitgenössischen brasilianischen Komponisten André Mehmari.
In der Tat wird man beim Hören mitgerissen von Heiterkeit und Überschwang.
Getanzt werde der Frêvo mit einem buntem Schirm in der Hand, man gehe dabei tief in die Hocke, erzählt die Cellistin und ergänzt: "Wenn Sie das morgens einmal machen, dann sind Sie fit für den Rest des Tages.“
Slowenisch gewitzt
Auch in der Musik aus ihrem Heimatland Slowenien geht es tänzerisch zu. Beispielsweise in der "Sommersonate“ aus dem Jahr 2005 von Blaž Pucihar. "Typisch slowenisch“ findet Katja Zakotnik das Stück: diese Leichtigkeit, gepaart mit Witz. Manchmal, sagt sie, vermisse sie den Humor der Slowenen.
"Die haben wirklich immer einen Spruch parat. Ich glaube auch, das ist das Land, das die meisten Flachwitze drauf hat. Und das schwingt auch in der Musik mit.“ sagt Zakotnik.
Gewitzt - aber überhaupt nicht flach ist das Werk "Little Diamonds“. Die Slowenin Urška Orešic hat es 2020 im Auftrag von Katja und Naila komponiert. Ein Stück über Diamanten zu machen, war die Bitte an Urška Orešic – die übrigens eine Verwandte von Katja Zakotnik ist. Es war allerdings nicht der Diamant als Schmuck, der die Komponistin interessierte. Sie wollte vielmehr in die Natur. Sie habe sich dann Tropfen auf einem Blatt angeschaut und gesagt: "Das ist der echte Diamant, von der Natur gemacht. Er schillert genauso wie am Finger, aber er ist noch viel schöner und zerbrechlicher.“
Dass mit Urška Orešic eine KomponistIN auf dem Album vertreten ist, war Katja Zakotnik und ihrer Klavierpartnerin wichtig. Auch aus Brasilien ist eine Komponistin dabei: Chiquinha Gonzaga. Als unkonventionelle und auch politisch engagierte Frau war sie eine wichtige Wegbereiterin für zahlreiche Musikerinnen in Brasilien.
Heimat mal x ist gleich Sehnsucht hoch Freiheit
Neue Wege, neue Möglichkeiten: Freiheit. Auch das ist etwas, was die Pianistin Naila Alvarenga Lahmann und die Cellistin Katja Zakotnik mit dem Begriff der Heimat verbinden. "Heimat mal x ist gleich Sehnsucht hoch Freiheit.“ So nennen die beiden ihre Formel. Und klar ist: für beide macht Heimat nicht an Ländergrenzen Halt. Denn die Musik weiche die Grenzen auf.
Katja Zakotnik: "Ich werde zur Brasilianerin. Meine brasilianische Pianistin wird zu Slowenin. Die Musik macht das alles möglich, sie macht eine ganze Weltreise möglich.“
Die Cellistin hofft, dass das Album den Hörerinnen und Hörern diese Reise ermögliche. Dass es die Weite und das kosmopolitische Denken erlebbar macht, das sie selbst und ihre Klavierpartnerin in der Musik erfahren haben.
Antje Bonhage, rbbKultur